Widerstand statt Oil of Olaz

■ „Küchengespräche mit Rebellinnen“, Frauen im antifaschistischen Widerstand, So., 14.8., 18.30 Uhr, Nord III

Da braucht es also vier Frauen einer „Projektgruppe antifaschistischer Widerstand“, die Zusammenarbeit mit der „Medienwerkstatt Wien“, einen frühen Hochsommersonntagabend im Dritten Programm und natürlich eine ganze Reihe ausführlich befragter Frauen, die mit dem Nationalsozialismus nicht einverstanden waren, damit schließlich wahrhaftig zwei von ihnen, jetzt etwa 70jährig, je eine glatte Viertelstunde das Wort erhalten durften.

Der Film mit dem gut gemeinten Titel war gewiß hochanständig, unpathetisch, würdevoll, ließ Sätzen und Gesichtern Raum und Zeit. Und welche wachäugige Präsenz im Sprechen; vom infernalischen Schluri-Charme, der im weichsten Österreichisch dem Wort Gewaltherrschaft fast seine Gewalt wegsaugte, ganz zu schweigen. Auch die Fragerinnen waren zurückhaltend und präzise: „Wieso hast du nie überlegt, ob du auch nichts tust, wenn es so gefährlich ist?“ Welche Beschämung für unsereins plus Eltern, wenn unsere ewige Frage: warum habt ihr nichts getan?, kurzerhand umgedreht wird. Handeln war selbstverständlich, nicht: geduckt und Augen zu.

Und Angst? Natürlich hatten sie Angst. Die Frage war einfach: Kam die Tabakarbeiterin, mit Zivilkleidung im Koffer für 17 Häftlinge, die nach Wien wollten, bei der Bahnkontrolle durch oder nicht? Wenn es der Tod sein sollte, war es der Tod. Ihrem Soldatenmann hatte sie versprochen, sich nicht ins Unrecht zu setzen. Denn wenn ihm und ihr etwas passierte, waren die Kindern alleine. Nur: „An das Versprechen habe ich mich nicht halten können.“ So viel zu „Treu‘ und Gehorsam“.

Die andere, kommunistische Textilarbeiterin, verhaftet, gefoltert und jahrelang in Einzelhaft in einem Gefängniskrankenhaus, organisierte Schwarzbänder und Zeitungen für die Inhaftierten. Woher hatte sie denn das Papier? „Ach, das ist nicht so wichtig“, sagt sie fast unwillig. Es ging halt.

Und trotzdem, wie er da auftritt im Fernsehen, dieser redliche Film, wird er zum Monsterkind des Mediums. Das hat sich seine Zuschauer längst so konditioniert, daß Widerstand nur in Miamy Vice-Form konsumierbar ist: 40 Minuten Gefühl und Härte und warme Musik!

Einfach nur Gesichter, die sprechen, und das noch in einer Fremdsprache, geraten deshalb in den medialen Fiktionalitätssog. Die Wirklichkeit ist in den Spielfilm abgewandert, und da man im Prinzip die Geschichte des Widerstandes, bis auf individuelle Varianten, ja kennt, bleibt plötzlich zum Schluß die optische Botschaft übrig: Widerstand hält wach und jung und schönäugig.

Christel Dormagen