Kälberkalkül

 ■ Mit der LOHNMAST auf Du und Du

60.000 Kälber, die einem einzigen Großunternehmer gehören wer wußte schon vor dem Hormonskandal in Nordrhein -Westfalen, daß es so große Viehbestände in einer Hand gibt? Die Statistiken weisen noch nicht einmal aus, wieviel Mastkälber in einem Betrieb stehen. Über die Eigentumsverhältnisse erfährt man erst recht nichts.

Großunternehmer wie der Hormonspritzer Hyong verteilen ihre Tiere auf viele landwirtschaftliche Betriebe. Sie stellen für einen Festpreis Kälber oder Schweine bei Bauern unter, die als selbständige Landwirte Stall, Arbeitskraft und die Beseitigung der Exkremente zur Verfügung stellen, während die Futtermischung meist auch vom Besitzer kommt. Wenn die Mastzeit vorbei ist und die Viecher im Durchschnitt das angestrebte Schlachtgewicht erreicht haben, läßt sie der Unternehmer wieder abholen und an den Schlachthof verkaufen. „Selbständig“ sind die mästenden Bauern nur, was ihre formale Stellung angeht, wirtschaftlich sind sie vollkommen abhängig. In der Regel entschließen sich nur diejenigen zu Lohnmastverträgen, denen das Wasser bis zum Hals steht. Sie könnten selbst das nötige Kapital nicht mehr aufbringen, um die Zeit zwischen dem Einkauf von Masttieren und Futter und dem Verkauf am Ende der Mastzeit zu überbrücken. Außerdem kauft der Lohnmastunternehmer en gros zu niedrigeren Preisen ein als Kleinbetriebe.

Fragt sich nur noch, warum es überhaupt noch selbständige Bauernbetriebe sind, die für den Großagrarier die schmutzige Arbeit besorgen. Er könnte ja auch die Höfe gleich übernehmen und Landarbeiter bei sich anstellen. Dabei würde er sich aber schlechter stellen, denn für selbständige Landwirte gibt es eine Reihe von Subventionen und Vergünstigungen, die Riesenbetriebe nicht mehr mitnehmen können. Durch die Segnungen der Agrarpolitik sind die Pseudoselbständigen oft billiger als Angestellte.

Lohnmast gibt es vor allen Dingen in den traditionellen Mästergebieten in Südoldenburg und Münster, wo die Höfe groß, die Küste nah und das Importfutter billig ist. Anderswo setzt sich diese Organisationsform nicht durch, denn bei im Süden vorherrschenden kleineren Betrieben läßt es sich mit einem Trick über die Mehrwertsteuer so einrichten, daß der Staat jedesmal 5 Prozent zum Umsatz dazugibt, wenn ein Kalb den Besitzer (vom Bauern zum Gewerbetreibenden) wechselt.

Dita Vogel