Kulturvoll zwangsläufig Geld verdienen

■ Vom Keyboarder einer mittelmäßigen Pennälerband zum größten Bremer Konzertveranstalter: Klaus-Peter Schulenberg hat ein zweischneidiges Image aber eindeutig Erfolg und wird deshalb Mitglied im taz-culture-club

Für die einen ist er die heimliche Hauptfigur des trotz allem und trotz ihm eher spärlichen Bremer Kulturlebens: Macher, Multitalent, Mann im Hintergrund - allgegenwärtig: Wer morgens im Weser Report die Klatschspalte liest, deshalb sofort per A-Z-Kleinanzeige eine Partnerin fürs Leben sucht, auf dem Bremer Stadtfest hinterher eine zu besten Hoffnungen berechtigende Bekanntschaft macht und abends, direkt nach der Möbel-Meyerhoff-Werbung für Ehebetten, sein junges Glück bei einem Rockspektakel feiert, hat einen Tag nach seinem Gesetz verbracht.

Für die anderen ist er das Menetekel des allseits, also nebenher auch in Bremen drohenden Kultur-Untergangs: Ein Mann, der einsam verkannte Genies erbarmungslos in den Kommerz-Orkus stürzt, ein Veranstaltungs-Hai, dem Kultur so viel bedeutet wie die Currysauce dem Bratwurstbuden -Betreiber: unnütze aber unverzichtbare Garnitur.

Für die dritten ist er einer der letzten Beweise eines großen amerikanischen Traums: Wer mit 17 seine Begabung als Tellerwäscher erkennt, wird mit 37 mit einer internationalen Imbißkette belohnt.

Klaus-Peter Schulenberg (kurz und bekannter: KPS) ist inzwischen 37 und auf alle Fälle ein ziemlich netter und ziemlich normaler Mensch und sticht weder durch das ewig kulturpessimistisch zerquälte Gesicht eines Opernabonnenten in dritter Generation noch durch gelackten Angestellten-im -mittleren-Dienst-Charme aus den Reihen sonstiger Bremer hervor.

Als solcher und meistens in blau-weißen Streifenhemden sitzt er in einem sehr neuen, sehr weißen Bürohaus an der Contrescarpe zusammen mit 50 Mitarbeitern, viel indirektem Licht, hektischen Fernschreibern und einigen Stahlrohrmöbeln, die alle mit einem Etikett „ausgezeichnet für gute Industrieform“ behängt

sein könnten: ein Mann, der mit 17 an der Orgel einer Schülerband agefangen hat, sich später ein vorzeitig abgebrochenes Betriebswirtschaft- und Jura-Studium als Pop -Gruppen-Manager im Nebenerwerb verdiente, mit 23 Jahren den musikalischen Herzensbrecher Bernd Klüver entdeckte und heute ein mittleres Kommunikations-Imperium managt. Bis auf Samstagvormittag. Dann hat KPS Klavierunterricht und spielt momentan gerade Chopin-Etüden.

taz: Was muß ich können, wenn ich ein berühmter Konzertveranstalter werden will?

Klaus-Peter Schulenberg: Tja, was muß man da können? Glück haben. Feeling, Künstler einzukaufen.

„Künstler einkaufen“ - das klingt ziemlich provokant nach Viehmarkt. Was wollen Sie sein für Bremen: Kaufmann, Volksbeglücker oder Mäzen?

Kulturkaufmann - das trifft's vielleicht am ehesten. Wir achten

darauf, daß wir nach gewinnmaximierenden Kriterien arbeiten. Denn: Es gibt immer wieder Konzerte, die man falsch einschätzt, und die Verluste sind dann derartig hoch, daß sie durch Gewinne aus gut gelaufenen Veranstaltungen überhaupt nicht mehr zu kompensieren sind. Wir arbeiten in einer gefährlichen Branche.

Kultur - dabei denkt man erst mal an etwas ziemlich Feierliches, an verkannte, aber besessene Genies, die in einsamen, ungeheizten Zimmern hungerleidend ihrer Zeit voraus sind und mit denen andere Leute 50 Jahre nach ihrem Tod viel Geld verdienen. Stört Sie da das Image des Profi -Managers oder bekennen Sie sich dazu?

Natürlich. Es geht ja auch bei Kultur heute um horrende Investitionen mit großen Risiken, um viel Manpower und professionelles Management.

Kümmert Sie dabei noch, ob Ihnen selbst gefällt, was Sie veranstalten?

Ne, das kann ich nicht mehr. Ich

verlaß mich auf meine Routine, mein feeling, meine Verbindungen. Damit weiß ich: Die und die sind in den USA oder in England in Charts. Bei Konzertveranstaltungen bekommen Sie komplette Produktionen. Da haben Sie keine Chance, künstlerisch gestaltend einzuwirken. Beim Bremer Stadtfest ist das z.B. etwas anderes. Aber da muß man sich natürlich entscheiden, ob man eine Veranstaltung machen will für veröffentlichte Meinung oder für öffentliche Meinung.

Was ist der Unterschied?

Es ist einfach schick, kritisch zu sein. Wenn ich mir angucke, wie gewisse Leute vom Weser-Kurier sich abfällig über das Stadtfest auslassen, selbst aber auch nur angetroffenen werden mit Champagner und Gambas - dann ist das natürlich die Frage: Ist Otto Maier dagegen nur deshalb Prolet, weil er Bratwurst ißt? Und diese Unterscheidung teile ich einfach nicht.

Unterhaltung für die schweigende, aber zahlende Mehrheit? Ist Bremen dafür ein dankbares Pflaster?

Bremen ist schwierig. Im Verhältnis zu Hamburg - da sind Welten dazwischen.

Warum tut man's trotzdem? Weil's Spaß macht, wenn eine halbe Million Menschen das Stadtfest besuchen, das man organsiert hat? Weil man viel Geld damit verdienen will? Weil man eine Macht-und Kulturinstanz wird?

Es macht einfach Spaß. Ich glaube, man kann gar nicht arbeiten, bloß um Geld zu verdienen. Das ergibt sich ganz zwangsläufig, wenn Sie gut sind.

Interview: Klaus Schloesser