Appetithappen in Hessens Landtag

Die hessischen Grünen fordern ein Verbot der Massentierhaltung  ■  Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Wiesbaden (taz) - Die Landwirtschaftsexpertin der Grünen im hessischen Landtag, Irene Soltwedel, hatte den Mitgliedern der Landespressekonferenz einen „Appetithappen“ mitgebracht: Auf einem Teller lag ein Stück rohes Fleisch, das von Frau Soltwedel anschließend mit einer Gabel in die illustre Journalistenrunde gehalten wurde, „zu Demonstrationszwecken“. Nein, Kalbfleisch war es nicht, was der Grünen im ehrwürdigen Landtag von der Gabel hing, denn das war bei keinem Wiesbadener Metzger mehr zu bekommen. Doch der Fleischskandal reduziere sich ohnehin nicht auf's Kalbfleisch. Soltwedel: „Die industrielle Produktion von Fleisch führt zu minderwertigen, gesundheitsgefährdenden Fleischprodukten und zu schweren Umweltschäden.“

Das von Irene Soltwedel erworbene angebliche Schweinefleisch muß erst in der Bratpfanne den Beweis dafür antreten, daß es ein genießbares Stück Fleisch sei. Denn ein Schnitzel von einer hormonbehandelten Sau schrumpele in der Pfanne auf gut die Hälfte des ursprünglichen Umfangs zusammen. Und damit solche „Schweinereien“ nicht länger auf die Teller der Hessen kommen, forderten die Grünen ein sofortiges Verbot der Massentierhaltung. Über eine Bundesratsinitiative soll Landwirtschaftsministerin Reichhard (CDU) dafür sorgen, daß bundesweit flächenbezogene Bestandsobergrenzen für die Viehhaltung eingeführt werden. Darüberhinaus müsse ein regionales, aussagekräftiges Markenzeichen für landwirtschaftliche Produkte eingeführt werden.

Soltwedel: „Den Verbraucherinnen und Verbrauchern muß garantiert werden können, woher das Fleisch kommt und wie die Tiere aufgezogen und gefüttert wurden.“ Zwar gebe es in Hessen selbst kaum agrarindustrielle Produktion, doch der hessische Markt werde zum größten Teil mit Fleischprodukten aus Niedersachsen und aus Schleswig-Holstein „beliefert“.

Ein hessenspezifisches Problem sei dagegen die Fleischkontrolle in den Großschlachthöfen Frankfurt und Gießen. Die Ausstattung der zuständigen Veterinärämter müsse als „mangelhaft“ bezeichnet werden. Soltwedel: „Das Veterinäramt Frankfurt ist personell und technisch völlig überfordert. Nach Aussagen eines dort beschäftigten Beamten spielt das Veterinäramt nur noch 'Feuerwehr‘.“ Die Grünen forderten deshalb abschließend den hessischen Sozialminister Trageser (CDU) auf, neue Analysegeräte für die Veterinärämter anzuschaffen und dort das Personal aufzustocken.