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IGM-Chef warnt vor Zwist mit SPD

IGM-Chef Steinkühler zum gestörten Verhältnis zwischen Sozialdemokraten und Gewerkschaften Kapital als lachender Dritter / Steinkühler sieht Informationsdefizite bei SPD über Gewerkschaften  ■  Von Martin Kempe

Berlin (taz) - Am 5.Mai dieses Jahres sah sich der SPD -Vorsitzende Hans-Jochen Vogel genötigt, die Gültigkeit eines Abkommens aus dem Jahre 1906 zu betonen. Vor dem politischen Club der Friedrich-Ebert-Stiftung bekräftigte er das Mannheimer Abkommen, in dem die SPD vor nunmehr 82 Jahren anerkannte, daß die Gewerkschaften prinzipiell selbständig und unabhängig von der Partei sind. Diese historische Reminiszenz des SPD-Vorsitzenden hatte nach dem Konflikt mit Oskar Lafontaine während der Tarifrunde im Öffentlichen Dienst aktuelle Brisanz, denn um das Verhältnis zwischen Partei und Gewerkschaften war es lange nicht so miserabel bestellt wie in diesem Jahr.

Dabei war der Streit um die Einmischung des stellvertretenden SPD-Vorsitzenden in die laufende Tarifauseinandersetzung nur Symptom der Entfremdung zwischen den beiden traditionell eng verbundenen Zweigen der Arbeiterbewegung. So sieht es der Vorsitzende der Industriegewerkschaft Metall, Franz Steinkühler. In der August-Ausgabe des IGM-Funktionärsorgans 'Der Gewerkschafter‘ hat der mächtigste unter den bundesdeutschen Gewerkschaftsführern zu dem gestörten Verhältnis zwischen Sozialdemokraten und Gewerkschaftern Stellung genommen.

Steinkühler diagnostiziert bei der SPD „riesige Informationsdefizite“ über das, „was Gewerkschaften tatsächlich sind“. SPD-Funktionäre, so Steinkühler, kommen aus „produktionsfernen“ Bereichen der Arbeitswelt. Entsprechend wenig Ahnung haben sie darüber. Auf der anderen Seite seien die Gewerkschaftsleute wegen ihrer zunehmenden Arbeitsbelastung immer weniger in der Lage, sich in die Parteiarbeit aktiv einzumischen. Die soziale Entfremdung zwischen Sozialdemokraten und Gewerkschaftern habe bei einigen SPD-Enkeln offenbar die Neigung gefördert, sich durch einen Konfliktkurs gegenüber den Gewerkschaften und Anbiederung gegenüber dem Kapital mehrheitsfähig zu machen. Steinkühler warnt: „Wenn sich Gewerkschaften und SPD entzweien, werden die lachenden Dritten das Kapital und die Konservativen sein.“

Steinkühler betont in seinem Beitrag ausdrücklich den gewerkschaftlichen Reformprozeß und den reingeschlagenen „Kurs der gesellschaftspolitischen Öffnung“. Dazu gehöre auch, mit den Parteien (also nicht nur allein mit der SPD) in einem „ständigen Dialog“ zu bleiben. Steinkühler trat dem Eindruck entgegen, daß die „moderne“ SPD sich lediglich um die Gattungfragen kümmere, während die Gewerkschaften sich auf die „Klassenfrage“ beschränkten. Dabei hänge doch beides voneinander ab und müsse gegen die gleichen gesellschaftlichen und ökonomischen Machtstrukturen durchgesetzt werden.

Es wäre nach seiner Ansicht falsch, „die SPD links liegen zu lassen und sich auf den Kern der autonomen gewerkschaftlichen Gestaltungsaufgaben zu beschränken“. Nach wie vor brauche die Gewerkschaft zur Durchsetzung bestimmter Ziele, beispielsweise der Abschaffung des Anti-Streik -Paragraphen 116 des Arbeitsförderungsgesetzes, parlamentarische Mehrheiten.

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