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Gorleben-Opfer „selber schuld“

Staatsanwaltschaft legt Zwischenbericht zum Schacht-Unglück im Gorlebener Salzstock vor / Getöteter Bergmann hatte angeblich Stützring falsch geschweißt / Verfahrenseinstellung jetzt möglich  ■  Von Vera Gaserow

Berlin (taz/dpa) - Der Obersteiger Friedrich Wendel, der im Mai 1987 bei den Bohrungen im Gorlebener Endlagerschacht in 239 Meter Tiefe von einem tonnen- schweren Stützring erschlagen worden war, hat seinen Tod selbst verschuldet. Zu diesem Ergebnis kommt jetzt die Staatsanwaltschaft Lüneburg. Das gegen die Aufsichtsbehörde, das Celler Bergamt und die „Deutsche Gesellschaft für Bau und Betrieb von Endlagern“ (DBE) eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen fahrlässiger Tötung und Körperverletzung scheint damit kurz vor seiner Einstellung zu stehen.

Bei dem Unglück waren ein Bergmann getötet und fünf weitere verletzt worden, als ein von ihnen montierter Stützring dem Druck des unterirdischen Gesteins nicht mehr standhielt. Dieser Stützring wurde in panikartiger Eile von den Gorleben -Betreibern in den Schacht eingesetzt, nachdem literweise Wasser und Schlamm eingebrochen waren und sich die Schachtwand zum geplanten Endlager um mehrere Zentimeter verschob.

Nach dem Unglück hatte die BI Lüchow-Dannenberg umfangreiche interne Dokumente der DBE vorgelegt, aus denen hervorging, daß eine falsche Einschätzung der geologischen Bedingungen zu dem Unglück führte. Schon 1982 hat der Bochumer Professor Jessberger festgestellt, daß der für die Bohrungen künstlich tief gefrorene Schacht nicht die notwendigen Gefriertemperaturen aufwies. Salzhaltige warme Wassermassen hatten offenbar für gefährliche Erd- und Gesteinsbewegungen gesorgt.

Am Unglückstag ging der DBE ein erneutes Gutachten mit ähnlichen Warnungen zu, das die Firma jedoch füglich unter Verschluß hielt. Auch eine im August 1987 einberufene zweitägige Experten-Sitzung des niedersächsischen Umweltausschusses kam mehrheitlich zu dem Schluß, daß das Unglück hätte verhindert werden können, wenn die Verantwortlichen auf die Gutachten gehört und die Arbeiten im Gorlebener Schacht gestoppt hätten.

Die Lüneburger Staatsanwaltschaft kommt jetzt jedoch zu dem Schluß, der getötete Obersteiger habe Teile des stählernen Stützrings nicht von innen und außen geschweißt, sondern nur von außen. Dadurch sei bei einem Ring die Schweißnaht wieder aufgebrochen. Da der getötete Bergmann sich gegen diesen Vorwurf nicht mehr wehren kann, sind die beschuldigte Betreiberfirma und die Aufsichtsbehörde damit nicht nur strafrechtlich aus dem Schneider, sondern wären bei einer jetzt absehbaren Einstellung des Verfahrens auch gegen mögliche Schadensersatzforderungen der fünf verletzten Bergleute und der Hinterbliebenen des Getöteten gewappnet. In Gorleben könnten die seit dem Unglück gestoppten Bohrungen in dem umstrittenen Schacht fortgesetzt werden.

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