Trapptrapptrapptrapptrapp

■ Seit gestern läuft im City-Kino der Blake Edwards Film „Sunset - Dämmerung in Hollywood“: ein ironischer Zitatenschatz aus einem Haufen reichlich übertriebener Hollywood- und sonstwie Klischees

Es fängt an, wie Western eben anfangen. Schöne Landschaft mit Pferdegetrappel drin. Das gehört zu einer Postkutsche. Dann noch mehr trapptrapptrapp und ganz viel biffbangpow. Das sind die Ganoven. Mittendrin ein Solo -trapptrappundsofort. Das ist der Held. Der macht dem ganzen Ge

trappel piffpaff und zügelzerrend ein mutiges Ende und küßt nonchalant die Dame aus der Postkutsche. Ja.

Bruce Willis (der aus „Blind Date“, 1955 in Deutschland-oh -wie-schön geboren, was schon mal passieren kann, wenn der Vater bei der Armee ist) spielt in „Sunset“ Tom Mix, der den Helden spielt. Er läuft ununterbrochen einigermaßen unmöglich gekleidet durch den Film, durch den eigentlichen und die paar Filme im Film: den oben so packend geschilderten Schtummfilm und durch „Tombstone“, dem ersten Tonfilm des mächtig berühmten und mächtig bösen Hollywoodproduzenten Alfie Alperin (Malcolm McDowell aus „Clockwork Orange“).

„Tombstone“ wiederum handelt vom legendären Marshall Wyatt Earp (James Garner, der

„Detektiv Rockford“, wettergegerbter Jahrgang 1928, was man derweil etwas sieht, was nicht schlimm ist, und mit Schnauzbart, das ist ganz fürchterlich), der auch gleich als technischer Berater und hübscher Publicity-Gag zum Film miteingekauft wurde.

Wyatt Earp soll im Film im Film geschauspielert werden vom Alle-Frauen-lieben-mich-Teufel-Tod-und-Pferde -Stummfilmstar Tom Mix (s.o.).

Die Mord-und-Totschlag-Geschichte, die in prächtigen Kostümen der Art-Deco-Zeit und des 20er Jahre Hollywoods durchs Gefilm dräut, ist niedlich unwichtig und nur ein gaaaanz klein bißchen spannend. Hollywood-Sumpf (Verbrechen, Perversion tss, Korruption) voller Platz- und Echt -Patronen in so prächtig sauberen Kulissen, als handle es sich um eine prächtig originelle Persilreklame. Da weiß man, was man hat.

Mariel Hemingway, leicht beschränkter, rührend lippenzitternd schluhuchzender und Pfannen auf Gangster/Polizisten hauender Mein-Großvater-hat-keinen -Einfluß-auf-mein-Leben-Star und einigermaßen untalentierter Teil dieser Blake Edwards „Tri-Star-Produktion“ sagt lieb: „Es ist interessant, in einem Ko

stümfilm zu spielen, schon allein wegen der tollen Kostüme, die man tragen darf. In einer Szene trage ich sogar einen Smoking.“ Ui.

Wichtig an diesem Film ist wahrscheinlich, daß alles, alles, alles restlos künstlich ist, ganz falsch und bestimmt gelogen. „Das war wirklich so - mehr oder weniger“ muß immer mal wieder jemand sagen im Filmdialog, und hinterher wird das auch fast lustig.

Alles an diesem Film ist irgendwie zu viel, zu heimatfilm-amerikanisch: Cowboys in weißen Cowboy-Anzügen oder in schwarzen mit roten Rosen drauf gestickt plus farblich passendem Riesenhut und immer in der Nähe eines Gauls (trapptrapp); Frauen mit runtergerutschter Taille im Kleid und schimmerwelligem Kinnlang-Haar schreiten, trippeln und morden sich durch eine US-Fernsehshow-mäßige, also ziemlich übertriebene Kulisse: modernes Nachtbar-Art-Deco ohne Staub und mit vielen lustig großen Autos; der Westernstar, der immer irgendwo mal schnell ein Fräulein küßt und gutgelaunt, schlechtgekleidet, sauber und adrett durch einen Haufen Abenteuer tolltschießtprügelt.

„Sunset“ ist aber nicht einfach wieder zynische Hollywood

Schelte, Blake-Edwards-die Zweite. Edwards drehte nach „Breakfast at Tiffany's“ (1961), dem „Pink Panther“ (1963) und der „Traumfrau“ (1979) schon 1980 „S.O.B.“ zum bösen Zweck.

„Sunset“ ist ein ordentlicher Haufen Klischees, so dick, feist, hoppla-hier-komm-ich aufgetragen, daß sie gleich wieder aus dem Klischee herauspurzeln. Bauz. Eine Art postmoderner Zitatenschatz aus dem dicken Hollywood -Brockhaus in fünf Bänden (Bonanza Musik zum Intro, ein Diener so dick wie Alfred Hitchcock, eine Nutte ganz entfernt wie Greta Garbo, ein korrupter Polizei-Chef von der Statur Ben Cartwrights und Bruce Willis sieht aus wie Mickey Rourke). Dazu eine gute alte Buddybuddy-Männerfreundschaft voll Herz und Härte und mitten im wilden Westen. Dicke ironische Distanz-Tünche macht den ganzen alten Quatsch wieder möglich.

Ist auch irgendwie unterhaltsam. Für den Samstag abend im Bett, zu Sekt/Bier und 5-Gänge-Menu für mich und meinen Schatz. Für „Sunset“ aber muß man ins Kino (City).

Petra Höfer

City-Kino, 15.45, 18.15, 20.45