Gemein: Managua vernachlässigt die Contra

Bei einem Überfall auf eine Agrargenossenschaft tötete die antisandinistische Contra vier Kinder / USA sprechen von „Hunderten hungernder Contras“ und werfen Sandinisten Blockierung der „humanitären Hilfe“ vor / Auch Costa Ricas Präsident Arias ruft nach Hilfe  ■  Aus Managua Ralf Leonhard

Während in den USA rührselige Bilder von traurigen Contras über die Bildschirme flimmerten, hatte man im US-State -Department auch schon die Schuldigen gefunden. „Die Blockierung der humanitären Hilfe durch das sandinistische Regime“, erläuterte Phyllis Oakley, die Sprecherin des Ministeriums, „hat Hunger, Krankheit und Verletzungen zur Folge.“ Die Situation der „Freiheitshelden“ sei verzweifelt. Offensichtlich erwartet man von den Sandinisten, daß sie die rechten Freischärler bei guter Laune und Gesundheit halten, bis das nächste Hilfspaket aus Washington eintrifft.

Für die Contra-Freunde in Washington gilt der Überfall auf die Agrargenossenschaft „Monterrey“, 190 km nördlich von Managua, bei dem am Mittwoch vier Kinder getötet wurden, vermutlich als Mundraub. Nach Berichten der Presse in den USA lagern derzeit um die 11.000 Contras in den Camps von Yamales in Honduras und warten auf Hilfslieferungen. Nicaraguas militärischer Geheimdienstchef Major Ricardo Wheelock wertet das als „Beweis, daß die Contras unfähig sind, ohne Hilfe der Yankees in Nicargua zu operieren.“

Der Kongreß in Washington hat die Zustellung der humanitären Hilfe per Fallschirm an die Kriegsfronten untersagt. Das Abkommen von Sapoa zwischen Sandinisten und Contra sieht zwar vor, daß die Contras von einer neutralen Organisation versorgt werden dürfen. Vorbedingung ist jedoch, daß sie sich in sieben Waffenstillstandszonen sammeln. Diese Konzentration der Truppen hat nie stattgefunden. Es sieht auch nicht so aus, als ob die Verhandlungen, die im Juni von der Contra abgebrochen wurden, in nächster Zeit wieder aufgenommen würden. Contra -Führer Enrique Bermudez hat in einem Interview mit der 'Washington Post‘ angedeutet, daß er erst wieder zum Dialog bereit ist, wenn der Kongreß neue Waffenhilfe bewilligt.

Carlos Lopez Contreras, der honduranische Außenminister, erklärte am Mittwoch, die Regierung habe noch nicht entschieden, ob sie die Versorgung der Contras in Honduras zulassen werde. Wenn sie sich aber in der „Grenzzone“ befänden, so sei es vorzuziehen, „daß sie die Hilfe dort in Empfang nehmen und uns kein Sicherheiotsproblem im Landesinneren verursachen.“ Nicaraguas Regierung hat zuletzt einen Vorschlag aufgegriffen, den Honduras im November vor der Organisation amerikanischer Staaten (OAS) gemacht hatte: die Entsendung multinationaler Friedenstruppen in das Grenzgebiet, „um das Eindringen von Irregulären aus Nicaragua und El Salvador zu verhindern“. Jetzt macht aber das Außenministerium in Tegucigalpa seine Zustimmung zum eigenen Plan davon abhängig, daß Nicaragua seine Klage vor dem internationalen Gerichtshof zurückzieht, in der Honduras beschuldigt wird, sein Territorium der Contra zur Verfügung zu stellen. Der Präsident Costa Ricas, Oscar Arias, erklärte die Aktivitäten der Konterrevolutionäre auf seinem Territorium mit den Worten: „Ohne einen Cordoba in der Tasche und ohne was zu essen“ bliebe der Contra nichts anderes übrig, als über die Grenze zu flüchten. Der Friedensplan von Guatemala, für den Arias den Nobelpreis bekommen hat, verbietet die Duldung und Unterstützung irregulärer Truppen anderer Staaten. Doch in dieser Situation, so Arias, müsse schleunigst Hilfe her, „egal, wo sie herkommt.“