Thälmann-Prozeß: Vier Jahre gefordert

■ Nebenkläger hält ehemaligen SS-Mann Otto für „mitschuldig“ am Mord Thälmanns / Anwesenheit Ottos außer Zweifel

Düsseldorf (dpa) - Im Thälmann-Prozeß hat der Vertreter der Nebenklage am Donnerstag gefordert, den angeklagten ehemaligen SS-Oberscharführer Wolfgang Otto zu verurteilen, „weil er an der Ermordung des Kommunisten Ernst Thälmann mitschuldig“ geworden sei. Die 17. Strafkammer des Düsseldorfer Landgerichts solle dem Schuldspruch des Krefelder Landgerichts von 1986 folgen, der auf vier Jahre Haft gelautet hatte, sagte Rechtsanwalt Hannover. Der Bundesgerichtshof hatte das Krefelder Urteil aufgehoben und den Fall nach Düsseldorf verwiesen.

Die Verhandlung hat nach Darstellung Hannovers erwiesen, daß der heute 77 Jahre alte Otto in der Nacht, als Thälmann 1944 im KZ-Buchenwald erschossen wurde, am Tatort war. Ottos Aussage, in der fraglichen Nacht seine Frau in einem acht Kilometer entfernten Dorf in einem nur halbstündigen Fußmarsch besucht zu haben, sei nicht plausibel. Von der DDR zur Verfügung gestellte Fernschreibbücher würden „jeden Zweifel an der Anwesenheit Ottos im Lager ausschließen“, meinte Hannover, der die Interessen der Tochter Thälmanns vor Gericht vertritt. Er halte auch die protokollierten Aussagen des vor 20 Jahren verstorbenen Zeugen Marian Skoda, der Otto am Tatort gesehen haben wollte, für glaubwürdig.

Hannover kritisierte in seinem Plädoyer scharf den Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe und die Staatsanwaltschaft. Während der BGH „Linksterroristen“ auch bei nicht unmittelbarer Beteiligung an Verbrechen „kollektiv“ zu langen Haftstrafen verurteile, verlange er bei „Rechtsterroristen“ wie Otto den Nachweis einer direkten Tatverwicklung. Die Staatsanwaltschaft habe ihre Versäumnisse bei der Verfolgung von NS-Verbrechen mit dem Antrag auf Freispruch „gekrönt.“ Zu Beginn des Verhandlungstages hatte bereits die Tochter Thälmanns „die unglaubliche Verschleppung der Strafverfolgung“ über 25 Jahre angeprangert.