Bürgerinitiative gegen Heroinsüchtige

■ Schöneberger Bürger protestierten am Samstag gegen die Drogenszene am Nollendorfplatz / „Die Polizei tut nichts“ / Große Angst um die Kinder

Einige Schöneberger Anwohner zwischen Nollendorfplatz, Maaßen- und Eisenacher Straße fühlen sich „bedroht und belästigt“. Ihr Problem: Drogenabhängige, die sich am Nollendorfplatz und in den umliegenden Straßen treffen. „Die Rauschgiftszene muß verschwinden“, hatte zunächst ein Flugblatt getönt. Es klang nach Bürgerwehr: „Da von seiten des Staates (Polizei) kein wesentliches Eingreifen zu bemerken ist, wollen wir zur Selbsthilfe greifen.“

Etwa 60 Menschen versammelten sich am Samstag nachmittag im Hof der Nollendorfstraße 15. Gewalttätige Selbsthilfe forderte zwar keine/r, doch Emotionen kamen rasch hoch. In den letzten Monaten träfen sie zunehmend Heroinsüchtige in den Hauseingängen, klagten ältere Anwohner. Sie seien belästigt und bedroht worden. Eltern fürchteten um ihre Kinder. Die müßten den Eindruck gewinnen, „als gehöre Heroinhandel und -konsum zum täglichen Leben“. Aber auch Sorgen wurden laut. In den Gärten deponierte Heroinpäckchen seien ebenso gefährlich für Kinder wie gebrauchte Spritzen im Sandkasten, die die Gefahr von Hepatitis-Infektionen bergen könnten.

Die massive Polizeipräsenz am Nollendorfplatz habe die Süchtigen in das angrenzende Wohngebiet verdrängt, stellten die Anwohner fest. Die meisten unter den Versammelten forderten nicht weniger, sondern mehr Polizeieinsätze. Drei Beamte der Drogen-Kripo, freiwillig erschienen, mußten sich gegen heftige Kritik erwehren. Die Versammlungsleiterin: „Die müssen weggedrückt werden in ein anderes Viertel. Wie haben das Problem schon seit acht Jahren.“

Der „soziale Aspekt“ sei ja durchaus auch wichtig, meinte die Wortführerin, stünde für sie aber nicht im Vordergrund. Andere Anwohner sahen die Problematik jedoch differenzierter. „Wollen Sie denn eine heile Welt für ihre Kinder?“ fragte eine Frau, auch sie hielt ein Kind im Arm. „Das Sankt-Florians-Prinzip hilft nicht weiter“, meinte ein Mann. Er forderte, über Methadon-Programme nachzudenken. Mehr Drogenprävention und Drogenberatung wünschte eine Frau. Diese Stimmen fanden teilweise Gehör. Nur etwa 20 Menschen unterschrieben am Ende einen Brief an die Behörden, der „unverzügliche Eingriffe zur Eindämmung und Beseitigung“ der „Drogenkriminalität“ verlangte.

„Ich verstehe diese Sorgen“, erklärte gestern der für die Drogenarbeit zuständige Schöneberger Gesundheitsstadtrat Grün auf Anfrage. Den Eltern könne er zunächst jedoch auch nur empfehlen, ihre Kinder aufzuklären. Grün: „Die Sanierung der Potsdamer Straße und die Polizeipräsenz hat die Szene in die Seitenstraßen verdrängt.“ Indem die Polizei die Drogenabhängigen verdränge, behindere sie jedoch eine effektive Drogenarbeit, bemängelt der Stadtrat. Die Drogenberater und Streetworker, so der Stadtrat, hätten größere Schwierigkeiten, mit den Abhängigen Kontakt aufzunehmen. Solange die Polizei eine gebrauchte Spritze als Beweismittel benutze, seien Abhängige zudem kaum dazu zu bewegen, Einwegspritzen zurückzugeben. Statt dessen würden sie weggeschmissen. Kritik übt Grün allerdings auch an der Arbeit der Drogenberatungsstellen. „Die sind zu sehr darauf ausgerichtet, daß die Abhängigen zu ihnen kommen. Damit erreichen sie die Straßenszene nicht.“

hmt