Sympathisch-betr.: "Wenn es so wäre", taz vom 27.7.88 und "Gratwanderung", taz vom 5.8.88

betr.: „Wenn es so wäre“, taz vom 27.7. und „Gratwanderung“, taz vom 5.8.88

(...) Für die taz-Kommentatoren gibt es beim NDR offenbar nur Redakteure, die bürgerliche Nachrichten verbreiten, und Techniker auf bequemen Arbeitsplätzen, alle mit Spitzengehältern. Statt hier falsche Feindbilder aufzubauen, sollte sich die taz vielleicht einmal die Mühe machen und die vielen hundert Beschäftigten, die Radio und Fernsehen erst möglich machen, nach ihren Arbeitsbedingungen, nach Schicht- und Nachtarbeit usw. befragen. Dazu zählt auch die öffentlich-rechtliche Zensur hinter den Kulissen, von der wir als Öffentlichkeit leider viel zu wenig mitbekommen.

Was mir die Mediengewerkschaft RFFU mit den Arbeitsniederlegungen ihrer KollegInnen so sympathisch macht: Hier geht es nicht nur um die wohl berechtigte Arbeitszeitverkürzung, die in vielen Branchen schon erheblich kürzer ist, als bei Funk und Fernsehen. Hier geht es auch und gerade um den garantiert festgeschriebenen Personalausgleich für Arbeitszeitverkürzung. Eine Forderung, die in vielen anderen Gewerkschaften in den Tarifverhandlungen leider keine Rolle gespielt hat.

Wie organisiert man/frau einen Streik, damit der zu treffende Gegner auch tatsächlich getroffen wird? Gerade die Medienbranche hat schon des öfteren vorgeführt (siehe Druckerstreik) wie durch Auslagerung, Vorproduktion und ähnliches die Wirkung eines Arbeitskampfes verpufft, weil der Gegner die Streikenden ausgetrickst hat. Nur so kann ich mir erklären, daß sich die NDR-Bschäftigten pikante Sendungen verknöpfen, um an zentraler und entscheidender Stelle den Nerv des Intendanten und seiner Crew zu treffen. Daß ich dann auf zensierte Nachrichten verzichten muß, find‘ ich umso besser.

Rüdiger Granz, Hamburg 6