: Fässer können wir brauchen
Ergün Kaya fand als einer der ersten die Giftfässer bei der Kleinstadt Ayancik. Ömer Erzeren sprach mit ihm ■ I N T E R V I E W
taz: Wann hast du die Fässer zum ersten Mal gesehen?
Kaya: Es war während des Opferfestes, am 26.Juli. Als mein Schwager und ich vom Baden zurückkehrten, erblickten wir auf dem Meer einen schwimmenden blauen Punkt. Wir hielten ihn für eine verlorengegangene Boje und warteten ab, daß sie an Land geschwemmt würde. Dann sahen wir: Es war ein Faß. Als wir es öffneten, glaubten wir, wir hätten es mit Abfällen zu tun, wie sie bei der Wartung eines großen Tankers auf offenem Meer vorkommen. Übriggebliebene Farbe wird immer mal wieder ins Meer abgelassen. Im Faß schien nichts Gefährliches zu sein. Lauter Farbbüchsen mit 1kg oder 5kg Gewicht: grau, blau, braun. Dazwischen eine schwarze ausgelaufene Masse, wie Teer. Die haben wir verbrannt und in die Erde gebuddelt. Die Fässer selbst waren außen sauber, keine Spur von Rost. Sie sollten versenkt werden. Darum hatte man Löcher in sie gebohrt. Die Beschriftung war italienisch, ein 'R‘ auf gelben Hintergrund und das Zeichen feuergefährlich.
Was habt ihr mit den Fässern und ihrem Inhalt gemacht?
Die Fässer trugen wir in unser Viertel. Bei uns fehlen Mülltonnen und die Gassen sind dreckig. Die Farbbüchsen nahmen wir mit nach Hause. Jeder wußte über unseren Fund Bescheid - wir sind eine Kleinstadt-, aber niemand kümmerte sich darum. Drei Wochen später sahen wir im Fernsehen in den Nachrichten, daß gefährliche Fässer an der Schwarzmeerküste gefunden worden seien. Wir gingen zur Polizei. Die kam sofort. Wir luden alles auf einen Laster und brachten Fässer und Farben zur Polizeistation. Die stehen jetzt dort in eine Plastikfolie verpackt.
Du bist doch Taucher. Bist du nach der Strandung der Fässer getaucht? Hast du Veränderungen bei Fischen beobachtet?
Ich wollte Krebse fangen. Als ich zu den Felsen, wo sich die Krebse befanden, kam, sah ich, daß alle tot am Meeresgrund lagen. Es war furchterregend: kein Lebewesen mehr im Meer.
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