Neonazi-Marsch durch Wunsiedel

■ 120 Neonazis versammelten sich anläßlich des 1.Todestages von Rudolf Heß in Wunsiedel / Friedhof weiträumig von Polizei abgeriegelt / 21 Festnahmen wegen Nazi-Utensilien

Wunsiedel (taz) - Offensichtlich als Medienspektakel nutzten Rechtsextremisten der Freiheitlichen Deutschen Arbeiterpartei (FAP) und der Nationalistischen Front (NF) am Samstag in Wunsiedel ihren Aufmarsch anläßlich des 1.Todestages des Hitler-Stellvertreters Rudolf Heß, der dort nach seinem Selbstmord in der Familiengruft beerdigt worden war. Rund 120 Neonazis versammelten sich in der Fichtelgebirgsstadt, darunter einige Skinheads.

Der Herausgeber der Zeitschrift 'Wehr Dich‘, Berthold Dinter, der die Kundgebung anmeldete, rechnete ursprünglich mit 400 Teilnehmern. Die Polizei ging sogar von 1.000 Rechtsradikalen aus. Die Veranstaltung war nach dem Verbot durch das Landratsamt Wunsiedel erst am Freitag vom Verwaltungsgerichtshof in München genehmigt worden. Empfangen wurden die Neonazis von der Wunsiedeler Bevölkerung mit Rufen wie „Nazis raus“ und einem Transparent mit der Aufschrift „Nie wieder Nationalsozialismus“. Der Friedhof war weiträumig von Polizeikräften abgeriegelt. Als geordneter Marsch hinter der Reichsflagge zogen die Rechtsextremisten durch die Innenstadt.

Die Organisation vor Ort lag in den Händen von Christian Worch, der ankündigte, daß die Bewegung in Zukunft „in Gedenken an ihren Märtyrer Heß“ jedes Jahr nach Wunsiedel kommen wolle. Worch reiste zusammen mit Ex-FAP-Chef Kühnen an, der Journalisten bereitwillig Interviews gab.

Die Polizei - unterstützt von Bundesgrenzschutz verzeichnete insgesamt 21 vorübergehende Festnahmen. Bei Kfz -Kontrollen wurden Keulen, Aufkleber, ein Dolch mit Hakenkreuz und Plakate beschlagnahmt. Unter den Verhafteten befanden sich auch zwei Niederländer, zwei uniformierte Österreicher, die gegen die Auflage, keine Uniformen zu tragen, verstoßen hatten. Acht Festnahmen erfolgten außerdem wegen des verbotenen Führergrußes. Nach Versammlungsende zogen die Rechtsradikalen in Richtung Polizeiwache, um die Festgenommenen wieder abzuholen.

B.Ohne