Haftprüfungstermin für Ulla Penselin

Das Anklagegerüst ist nach Erklärungen von Ulla Penselin beim Haftprüfungstermin kaum mehr zu halten / Penselin konnte alle ihr vorgehaltenen „konspirativen Treffen“ erklären / Entscheidung diese Woche  ■  Aus Düsseldorf Oliver Tolmein

Bei einem Haftprüfungstermin am vergangenen Donnerstag hat Ulla Penselin die gegen sie erhobenen Vorwürfe der Bundesanwaltschaft (BAW) widerlegt. Nach der Bundesanwaltschaft sollten mehrere Treffs mit gleichfalls verdächtigten Personen unter angeblich konspirativen Umständen belegen, daß Ulla Penselin Mitglied der „terroristischen Vereinigung Rote Zora“ ist und die Anschläge auf die „Adler„-Filialen mitgeplant hat.

Für alle vier ihr vorgeworfenen Treffs aber präsentierte Ulla Penselin am Donnerstag Erklärungen, die von der Bundesanwaltschaft offensichtlich nicht widerlegt werden konnten. Die nach monatelanger Observation gemachten Behauptungen erwiesen sich entweder als falsch oder als sehr bemüht interpretiert. Durch die Widerlegung der „Vorwürfe“ der Bundesanwaltschaft wurde auch deren Banalität offenbar. Beispielsweise soll sich Ulla Penselin nächtens mit der ebenfalls verdächtigten Corinna K. in der Hamburger Kneipe „Nachtschicht“ getroffen haben. Was ohnehin kein strafrechtlich relevanter Vorwurf ist, erwies sich während des Haftprüfungstermins auch als falsch. Die vom BKA zum Beweis vorgelegten Fotos überzeugten den Vorsitzenden Richter Arend von der Richtigkeit der von Penselin abgegebenen Erklärung, sie sei zwar in der Kneipe gewesen, aber nicht mit Corinna K..

Am gewichtigsten schien der Bundesanwaltschaft aber der Vorwurf, Ulla Penselin habe sich Ende November 1987 in Telgte „konspirativ“ mit anderen verdächtigten Personen getroffen. Die Konspirativität sahen die obersten Ankläger der Republik als gegeben an, weil die Wohnung unter falschem Namen angemietet worden sei und die „Teilnehmer dieses Treffens ... versuchten, sich einer eventuellen Beobachtung zu entziehen“ (Presseerklärung der BAW).

Den von der BAW kritisierten „Wechsel der Fahrtmittel“ auf dem Weg nach Telgte erklärte Ulla Penselin mit einem Defekt an ihrem Wagen. Deswegen auch habe sie die Vermieter der Wohnung unter Nennung ihres vollen richtigen Namens angerufen und mitgeteilt, sie komme einen Tag später mit der Bahn. Eine Angabe, die von den Vermietern bestätigt wird. Auf dem Weg zum Hauptbahnhof habe sie sich observiert und dadurch belästigt gefühlt. Um die Richtigkeit dieses Eindruckes zu überprüfen, sei sie Umwege gefahren, habe aber keine endgültige Klarheit erlangt, und sei dann mit der Bahn direkt nach Telgte gefahren, wo keine Anschläge, sondern die dritte Ausgabe der Zeitschrift 'e.colibri‘ vorbereitet worden sei. Auch die beiden anderen Treffen, die Ulla Penselin vorgehalten wurden, konnte sie erklären. Lediglich die Fragen der Bundesanwaltschaft nach weiteren Namen und nach Strukturen der Redaktionsarbeit von 'e.colibri‘ ließ sie unbeantwortet: Da sie selber nur aufgrund einer „Kontaktschuld“ inhaftiert werde, sei zu befürchten, daß auch Personen, die Kontakt mit ihr hätten, inhaftiert und als „TerroristInnen“ behandelt werden könnten. Diese Weigerung liefert der Bundesanwaltschaft jetzt die Argumentation, Penselin müsse inhaftiert bleiben, da „Verdunklungsgefahr“ bestehe. Der Vorsitzende Richter der Staatsschutzkammer kündigte eine Entscheidung über die Haftfortdauer für diese Woche an. Inzwischen hat auch die Anwältin von Ingrid Strobl, Lunnebach, angekündigt, demnächst einen Haftprüfungstermin für ihre wegen angeblicher RZ-Mitgliedschaft inhaftierte Mandantin zu beantragen.