Pleite bei „Mutter & Kind“

■ Ab sofort bekommen hilfsuchende bedürftige Bremer Schwangere kein Geld mehr aus der Bundesstiftung / Diakonisches Werk will kein „Almosenverteiler“ sein

Die Pleite ist da: Die Bremer Gelder der CDU-Bundesstifung „Mutter und Kind - Schutz des ungeborenen Lebens“ sind aufgebraucht. Das erklärten gestern drastisch VetreterInnen des Diakonischen Werkes Bremen vor JournalistInnen. Weil sich die Zahl der Anträge hilfsbedürftiger schwangerer Frauen Jahr für Jahr verdoppelt, der zu verteilende Kuchen aus Bonn aber gleich groß bleibt, stehen die Bremer „Mutter -und Kind„-Beratungsstellen Caritas und Diakonisches Werk vor einer schlechten Alternative: Entweder sie strecken die Gelder, geben nur noch die Hälfte oder gar ein Viertel der notwendigen Hilfen pro Frau aus, oder das Geld reicht nur sechs statt zwölf Monate. „Das Diakonische Werk wird sich nicht zum Verteiler von Almosen machen, das ist entwürdigend für die Antragstellerinnen

und beschämend für die Sozialpolitik der Bundesregierung“, erklärte gestern der Geschäftsführer des Diakonischen Werkes, Pastor Manfred Schulken. Von Kollegen aus südlicheren Bundesländern hatten die Bremer schon gute Ratschläge zum Geldverteilen und Haushalten bekommen: „Da muß man überlegen: Sind das Deutsche oder nicht Deutsche?“ Pastor Schulken: „Da sind wir böse geworden.“

Beraterin Angelika Dornhöfer stellte klar, daß mit dem Geld nicht zweifelnden Schwangeren gewunken werden soll: „Das Kind ist unterwegs. Das kommt, und das muß Hosen haben.“ In den Genuß der Stifungsgelder kommen ohnehin nur „Bedürftige“. Weil es aber keinen Rechtsanspruch auf das Stiftungsgeld gibt, ist die Vergabepraxis in den Bundesländern himmelschreiend

unterschiedlich: Für Babyausstattung und Schwangerschaftskleidung gibt es in reichen CDU-Ländern mit eigener Landesstiftung bis zu 9.000 Mark pro Nase, in Bremen gab es im letzten Jahr 1.300 Mark; jetzt werden die letzten Gelder in 1.000-Mark-Scheinen verteilt. Das ist dann auch die Schallgrenze, hatte das Diakonische Werk doch eigentlich einen Bedarf von 2.600 Mark pro werdender Mutter ermittelt.

„Seit einer Woche muß ich den Frauen sagen, daß es kein Geld mehr gibt“, berichtete Beraterin Inge Dotschkis der Presse, „da hab ich mehr Tränen gesehen als in den vier Jahren vorher.“ Was bleibt: Die Frauen werden beraten, ihre Anträge gesammelt. Daß sie „eigentlich“ ein Recht auf Stiftungsgelder hätten, wenn es noch welche gäbe, wird ihnen bestätigt. Mit dem bißchen Geld

für's Nötigste aber ist Schluß.

Frauenministerin Rita Süssmuth sieht in der steigenden Zahl der Anträge den Erfolg ihrer Stiftung. Daß sich Jahr für Jahr die Hilferufe verdoppeln, zeigt für die BremerInnen umgekehrt die steigende Not der schwangeren Frauen. Pastor Timm Lohse, Leiter der evangelischen Familien-und Lebensberatungsstelle, wies auf den Zynismus hin, mit dem Ministerin Süssmuth in ihrem Schwangerschafts -Beratungsgesetz die Pleite-Stiftung als „echte und unbürokratische Hilfe“ anpreist. Lohse fordert, daß Bremen sich nicht mit Blick auf Bonn aus der Verantwortung stehle: „Ob das Ding Armenkasse oder Landesstiftung oder Sozialhilfe heißt, ist egal. Die Not der Frauen ist da, und in Bremen müssen wir helfen.“ Susanne Paa