Schlaff schnippelt v.Schnitzler: "Der schwarze Kanal"

„Der schwarze Kanal“, Mo., 22.8., DDR 1, 21.30Uhr Er ist wieder da, freut sich Karl-Eduard v.Schnitzler über sein Comeback im Schwarzen Kanal. Feindlich-feindselige Vermutungen über sein Untertauchen im Südamerikanischen widerlegt er wortlos, leibhaftig und mit Herder: „Zur Beförderung des Humanismus“. Eben diesen sieht der Chef der erfolgreichsten Piratenredaktion nicht und zeigt jede Menge geklauter Filmbeiträge, die ihm den Kommentar ersparen. Die geenterten Herrenbilder aus Bonn, Berlin und Panorama beklagen eindringlich das journalistische Ethos, welches zur Sau gemacht wurde und im Aufwischwasser dümpelt. Schwer liegt die Brieftasche auf der Wahrheit. Im Fall Rust. Im Geiseldrama. Im Stern. Kämpferisch beugen sich aufrechte Journalistenkörper über die Moderatorentische und gewähren Einblick in leere Jackett-Taschen und hohle Köpfe, mit nichts als Brillen vornedrauf und kritischer Chronistenpflicht innendrin. Karl-Eduard bleibt nur der Philosoph und die Entspannung. Er sitzt angelehnt im Studiostuhl.

Frechheit steh mir bei. Der Glanz des alten Entrüstungsspielers scheint zurückzukehren, als er den DDR -BürgerInnen die Geschichte ihres Lieblingssenders noch einmal als Filmbündel in die Arme legt. Damals, als die Menschen noch tagsüber dampfende, schwarze Muttererde genossenschaftlich umpflügten, und einige von ihnen selbst mit Einbruch der Dämmerung ihre Aufbauarbeit nicht einstellen wollten. Mit schweren Stiefeln huschten sie dereinst um Schollenbehausungen, Stadtvillen, über Dächer und Hinteraufgänge, um mit feinen Ohren und gewichtigen Erziehungsmitteln die Feinde des Sozialismus dingfest zu machen: die RIAS-HörerInnen. Aber, ach, Karl-Eduard bleibt schlaff und findet selbst keinen einzigen CIA-Mann, der sich als Aufweichinstrument des Sozialismus im eben eröffneten RIAS-Fernsehstudio bei SAT1 herumtreibt. Diese läßt er sich von den West-Berlin-Medien besorgen und die kritischen Hinterfragungen des Rechts und der Gesetze gleich mit. RIAS ist gescheitert. Eine Prognose wagt er noch geschichtsnotorisch und ist schon schläfrig dabei. Macht nichts, Karl-Eduard. Selbst die gefürchtesten Terroristen werden älter. Bei uns sitzen sie auch verlegen in langweiligen Talk-Shows herum und lassen sich von kritischen Menschen ihre Lebensinhalte erzählen.

reg