Deutsche Firma lieferte den Stoff für die Bombe

Firmenkonsortium belieferte Schwellenländer mit Material für das Atomprogramm / Britischer Geheimdienst-Report liegt der taz vor  ■  Von Thomas Scheuer

Berlin (taz) - Das weltweit operierende Firmenkonsortium des Düsseldorfer Kaufmanns Alfred Hempel hat an Indien, Argentinien und Südafrika Material für deren Atomprogramme verkauft. Die drei Länder sind nicht dem Atomwaffensperrvertrag beigetreten und als notorische Atombomben-Aspiranten bekannt. Ob die Düsseldorfer Hempel -Firmen damit den Atomwaffensperrvertrag unterlaufen haben, wird nach der Sommerpause der Atomuntersuchungsausschuß des Bundestages zu klären haben.

Die Durchleuchtung der Rolle, die die Hempel-Firmen auf dem internationalen Atom-Schwarzmarkt spielen, könnte neuen Stoff für die Diskussion über den mittlerweile zerbröselten „schrecklichen Verdacht“ vom Jahresanfang liefern, ausgerechnet deutsche Firmen könnten Bombenstoff verschoben haben. Aus einem britischen Geheimdienst-Report, dessen Text der taz vorliegt, geht hervor, daß die Düsseldorfer Firma Argentiniens und Südafrikas Atompolitiker mit „unsafeguarded nuclear materials“ aus chinesischer Produktion versorgt hat. An die Rassisten am Kap wurden mindestens 60 Tonnen leicht angereichertes Uran geliefert; den Argentiniern wurde gar „unüberwachtes Material für alle Stufen des Brennstoffkreislaufes“ angedient.

Gesteuert wurden die heiklen Schwarzgeschäfte teilweise über einen eigens gegründeten Firmenableger im schweizerischen Kanton Zug, wo Hempel, so die britischen Nachrichtendienstler, eine „kontrollfreie Basis“ witterte, „wo keine peinlichen Fragen gestellt werden würden.“

Über die Alpenrepublik und die Vereinigten Arabischen Emirate ließen die Düsseldorfer Schieber Schweres Wasser aus sowjetischen und norwegischen Quellen nach Indien sprudeln. Nach Ansicht des US-amerikanischen Proliferationsexperten Prof. Gary Milhollin ermöglichten diese Lieferungen den Indern das Anfahren dreier nicht international überwachter Atom-Meiler und eine Jahresproduktion von rund 200 Kilogramm Plutonium.

Deutsche Paragraphen habe Hempel, so begründen Polizei und Staatsanwaltschaften ihre Null-Aktivität, bei seinen dubiosen Transaktionen nicht verbogen. Entweder er war zu gewieft oder die halbherzige Umsetzung des Sperrvertrages in nationales Recht ließ ohnehin genug Schlupflöcher offen. Beim Blick unter Hempels Sofa wird der Bundestagsausschuß jedenfalls auch zu klären haben, warum die Hempel-Gruppe trotz mehrfacher Anfragen und Hinweise befreundeter Regierungen und Geheimdienste in der BRD amtlich nie behelligt wurde. Womöglich passen solche Schwarzgeschäfte ja auch in die Logik bundesdeutscher Atomexportpolitik. Alles über die Firma Hempel auf den Seiten 8 und 9

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