Programmstreit geht weiter

■ AL-Delegiertenrat konnte sich auf keinen Wahlprogramm-Entwurf verständigen / Inhaltliche Kontroversen blieben aus / Radikale Alternative des GA wurde heftig kritisiert

Die AL-Mitglieder werden sich auf der nächsten Vollversammlungen am 3.September mit zwei konkurrierenden Wahlprogrammen herumschlagen müssen. Der Delegiertenrat hat am Mittwoch abend beschlossen, keinen der Entwürfe zum Leitantrag zu erheben.

Zum Konflikt war es bereits vergangene Woche im Delegiertenrat gekommen, als dem 60 Seiten dicken Papier der Programmkommission eine „Politische Erklärung“ des Geschäftsführenden Ausschusses entgegengestellt wurde. Die Kritik des GA: Der Programmentwurf sei zu lang, nicht peppig und in sich widersprüchlich. Dem GA hingegen wurde von einigen Delegierten ein „Putschversuch“ unterstellt und die „Politische Erklärung“ als „platte Auflage linker Vorurteile“ (Lohaus) bezeichnet.

Die Positionen blieben am Mittwoch abend bei der erneuten Debatte die gleichen. Lena Schraut beklagte, daß über die inhaltlichen Widersprüche nicht geredet werde. Sie nannte als Beispiel, daß die AL einerseits fordere, alle Flüchtlinge aufzunehmen, auf der anderen Seite sich aber vehement gegen Wohnungsneubau wende. Kritisiert wurde auch, daß der GA die inhaltlichen Unterschiede in den Papieren herunterspiele. Lohaus nannte als Beleg einen Passus aus dem Entwurf der Programmkommission, in dem es heißt, ein großer Teil der AL-Programmatik könne auch innerhalb der bestehenden gesellschaftlichen Verhältnisse verwirklicht werden (Nahverkehr, Tempo 100). Der GA-Entwurf hingegen zeichne ein ganz anderes Bild von den Aufgaben und Möglichkeiten der Parlamentsarbeit.

Hilde Schramm, Mitarbeiterin in der Programmkommission, versuchte zu vermitteln. In einigen Bereichen seien die Unterschiede minimal, wie in der Einschätzung zur Polizei und zur Ausländerfrage, wichtige Differenzen sieht sie allerdings bei den Themen Ökonomie, Arbeitslosigkeit und Funktion des Staates.

Daß die Erfahrungen aus acht Jahren Parlamentsarbeit in das GA-Papier nicht eingeflossen seien, kritisierte auch Sabine Weisler, ebenfalls Mitarbeiterin in der Programmkommission: Man könne jetzt nicht so tun, als sei die Fraktion eine vergrößerte Pressestelle. Die außerparlamentarischen Bewegungen hätten ein Recht, im Parlament exzellent vertreten zu werden. Christian Ströbele verteidigte noch einmal das Vorgehen des GA. Man sei sich einig gewesen, daß der Entwurf der Programmkommission keine Diskussionsgrundlage sei und auch nicht reformierbar, nur deshalb habe der GA sich zu dem Gegenentwurf entschlossen.

bf