piwik no script img

Annäherung im Zypern-Konflikt

■ Wiederaufnahme des türkisch-griechischen Dialogs auf der geteilten Insel / Türkische Truppen auf Nordzypern größtes Hindernis bei der Lösung des Konflikts

Berlin (taz) - Einen ersten Durchbruch im Zypern-Konflikt haben gestern Gespräche zwischen Zyperns Präsident Vassiliou, dem zyperntürkischen Führer Denktasch und UN -Generalsekretär Perez in Genf erbracht. Vassiliou und Denktasch einigten sich auf Anhieb auf eine Wiederaufnahme des Dialogs auf der seit 14 Jahren geteilten Insel. Bis zum Juni nächsten Jahres, so die Vorstellung des UN -Generalsekretärs, soll eine Lösung des Konflikts perfekt sein. Erste inhaltliche Gespräche beginnen bereits am 15.September in Nikosia.

Damit haben sich die Insel-Griechen und -Türken zwar auf einen Fahrplan zur Konfliktlösung geeinigt, nur wohin die Reise gehen soll, ist noch offen. Die Vorstellungen für eine Wiedervereinigung zwischen dem türkisch besetzten Nordteil und der griechischen Restrepublik gehen dabei soweit auseinander, daß die Vermittlung von Perez keineswegs garantiert, daß im nächsten Jahr die Grenzbefestigungen in Nikosia fallen.

Die Beseitigung des dicksten Stolpersteins auf dem Weg zu einer Lösung liegt dabei nicht nur in den Händen der Zyprioten. Der Abzug der türkischen Truppen aus Nordzypern ist Sache Ankaras. Dort aber ist eine Rückführung der etwa 35.000 Mann bisher vehement abgelehnt worden. Auch Denktasch, Präsident der nur von der Türkei anerkannten „Türkischen Republik Nordzypern“, stellte bisher als Bedingung für eine Lösung, daß die Truppen auch danach auf Zypern stationiert bleiben müßten. Eine Vorstellung, die für die zyperngriechische Seite unakzeptabel sein muß: Ein Staat mit ständiger Anwesenheit einer ausländischen Armee ist keine souveräne Republik.

Der politische Frühling auf Zypern hat jetzt - nach der Verbesserung der Beziehungen zwischen Griechenland und der Türkei - eine Chance für die Lösung auch dieses Problems eröffnet. Der Zyperngrieche Vassiliou signalisierte schon vor der Genfer Begegnung, er könne sich auch einen schrittweisen Abzug der Truppen vorstellen. Bisher war der Rückzug der türkischen Soldaten noch vor Bildung einer Übergangsregierung verlangt worden. Denktasch wiederum stellte erstmals den Abzug der Truppen nach Bildung einer gemeinsamen Regierung mit den Zyperngriechen in Aussicht.

Für die Verhandlungsdelegationen im zwischen den Fronten gelegenen ehemaligen Hotel Ledra Palace in Nikosia bleibt in jedem Fall viel Arbeit: Bundesstaat oder Staatenbund, Mehrheiten- und Minderheitenrechte, Grenzziehungen und die Frage der seit 1974 vermißten Zyprioten, Präsidialverfassung, persönliche Freiheiten, Wahlrechte und und und... Noch ist Zypern keine „Insel der Aphrodite“.

Klaus Hillenbrandt

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen