Auf Töpfer ist Verlaß

■ Betriebsferien in Brokdorf zu Ende gegangen

Umweltminister Töpfer hat den Köder geschluckt und angewiesen. Und damit hat er den schwarzen Peter. Alles Lavieren und Winden hat nichts genützt: Weder die „bundesaufsichtliche Stellungnahme“ noch das „bundesaufsichtliche Gespräch“ noch die Drohung einer Anweisung haben Jansen bekehrt. Die Kieler Landesregierung ließ sich von Bonn aus nicht auf den Atomkurs bringen.

Klaus Töpfer, der es sonst so gut versteht, schwarze Peter weiterzureichen, mußte bei Jansen passen. Taktisch geschickt hat Schleswig-Holsteins Energieminister seine Position mit vagabundierenden Metallteilen in Brokdorfs Reaktordruckbehälter untermauert und einen abgebrochenen Zentrierstift gegen den Bonner Umweltminister gerichtet. Glänzend steht er nun da: wenn Brokdorf jetzt wieder ans Netz geht, ihn trifft keine Schuld. Die Glaubwürdigkeit des proklamierten Ausstiegs aus der Atomenergie (Orginalton Engholm: 58,4 Prozent, das ist auch ein Votum für eine andere Energiepolitik) ist gerettet, und der Strom kommt weiter aus der Steckdose. Wieweit Jansen und sein Vorsteher Brokdorf wirklich stillegen wollten, bleibt offen. Es gäbe genügend Möglichkeiten, juristisch gegen die Anweisung Töpfers vorzugehen. Haben sie wirklich ernsthafte Sicherheitsbedenken, dann geht auch kein Weg an Karlsruhe vorbei. Doch der wurde nie in Erwägung gezogen. So hatte Engholm schon Ende letzter Woche brav angekündigt, des Bundesministers Weisung letzten Endes zu vollziehen.

Mit seiner Entscheidung hat sich Klaus Töpfer um die deutsche Atomgemeinde verdient gemacht. Atemberaubend: Er begründet seine Entscheidung mit dem selben Gutachten, mit dem sein Kontrahent den Reaktor stillegen wollte. Wissenschaftliche Biegsamkeit: der TÜV als Selbstbedienungsladen mit objektiven Credo.

Wolfgang Gast