US-Army will Luftverkehrsrecht brechen

Die US-amerikanischen Streitkräfte halten trotz gegenteiligem Verwaltungsgerichtsurteil an ihrer Stationierungsabsicht in Erbenheim fest / „Army-Vasall“ Scholz legte Beschwerde gegen das Urteil ein  ■  Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Frankfurt (taz) - Obgleich ein deutsches Verwaltungsgericht entschieden hat, daß die Reaktivierung des Militärflughafens Wiesbaden-Erbenheim gegen das geltende deutsche Luftverkehrsrecht verstößt, hält die US-Army an ihrer Absicht fest, bis zum 20. September insgesamt 36 „Apache„ -Kampfhubschrauber in Erbenheim stationieren zu wollen. Bundesverteidigungsminister Scholz legte bereits kurz nach der Urteilsverkündung durch das Verwaltungsgericht Wiesbaden, das der Klage der Stadt Wiesbaden gegen die Stationierung „in vollem Umfang“ stattgegeben hatte, Widerspruch gegen die Anti-Stationierungs-Entscheidung ein.

Zurückhaltend äußerte sich gestern die hessische Landesregierung, die sich vor Wochenfrist gleichfalls gegen die Stationierung ausgesprochen hatte. Zwar erkenne die Landesregierung die gesamtstaatliche Verantwortung der Bundesregierung für die „Stärkung des westlichen Verteidigungsbündnisses“ an, doch müsse dabei darauf geachtet werden, daß der zivile Flugverkehr über dem Rhein -Main-Gebiet nicht beeinträchtigt werde: „Da dies nach Auskunft maßgeblicher Stellen im Falle der Stationierung in Erbenheim nicht gewährleistet bleibt, lehnt die Landesregierung die Stationierung weiterhin ab.“

Wie berichtet, hatte das Gericht am Donnerstag nach einer vierstündigen Hauptverhandlung die beabsichtigte Stationierung der Kampfhubschrauber mit dem Hinweis auf das fehlende Genehmigungsverfahren als rechtswidrig bezeichnet.

Die 7.Kammer des Verwaltungsgerichts wies die Bundesregierung an, den Oberbefehlshaber der US-Streitkräfte in Europa „unverzüglich“ davon in Kenntnis zu setzen, daß die Stationierung nicht stattfinden könne. Die Richter erklärten darüber hinaus, daß die Bundesregierung mit der Nichteinleitung eines ordentlichen Genehmigungsverfahrens der US-Army Rechte eingeräumt habe, die mit der „uneingeschränkten Souveränität der Bundesrepublik“ unvereinbar seien. Die Überlassung der Stationierungsrechte an die US-Army komme einer „faktischen Anerkennung des Besatzungsrechts“ gleich.

Daß die Leitung der US-Streitkräfte in Europa trotz des nach der Beschwerde der Bundesregierung gegen das Wiesbadener Urteil noch anhängigen Rechtsstreits gestern erneut auf einer Stationierung der „Apache„ -Kampfhubschrauber noch im September bestand, wird von den Grünen im hessischen Landtag als „Affront“ gewertet. Darüber hinaus sei es „geradezu absurd“, wenn in Zeiten weltweiter Abrüstung von der NATO in der Bundesrepublik aufgerüstet werde. Nach dem Willen der US-Amerikaner sollen bis 1993 insgesamt 181 Kampfhubschrauber und Kampfflugzeuge in Erbenheim stationiert werden.

SPD und Grüne verlangen übereinstimmend, daß Ministerpräsident Wallmann (CDU) in Bonn gegen die von der Army und der Bundesregierung weiterbetriebenen Stationierungsabsichten intervenieren soll. Wallmann, so der SPD-Fraktionsvorsitzende Ernst Welteke, müsse jetzt sein ganzes Gewicht als Ministerpräsident in die Waagschale werfen: „Ich warte mit Spannung darauf, ob Wallmann die gewünschte Nullösung in Erbenheim in Bonn durchsetzen kann oder ob er ein kraftloser Papiertiger ist.“