Guter Stern und bremische Wissenschaft

■ In rund einem Dutzend Fachbereichen und Forschungsinstituten ist Daimler-Benz präsent - von der Unterstützung einer Diplomarbeit bis zur teuren Auftragsforschung / Folge 7, erster Teil, der taz-HighTech-Serie

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hier bitte

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das Gespenst!

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Im Januar dieses Jahres, noch wurde hinter verschlossenen Uni-Türen über die geplante Verleihung der Ehrendoktorwürde an den Daimler-Vize Werner Niefer verhandelt, veröffentlichte Dr. Wolfgang Schreck eine Liste. Der kaufmännische Leiter des Daimler-Benz-Werkes in Bremen hatte die unterschiedlichen Mittel zusammengetragen, mit denen sich sein Haus im bremischen Wissenschaftsbetrieb engagierte. Die Liste erschien in der Januar-Ausgabe von „Transfer“, dem Informationsblatt des „Initiativkreises Bremer und ihre Universität“.

Auf den ersten Blick sieht sie imposant aus, so allgemein die Kooperations-Gebiete auch umschrieben sind. Sie reichen von der „Förderung von Stiftungsprofessuren“ und „Sachspenden zur Ausstattung von Instituten“ über die „Mitwirkung in forschungsnahen Gremien“, die „Vergabe von Forschungsaufträgen“ und die „Wahrnehmung von

Lehraufträgen durch Daimler-Benz-Mitarbeiter“ bis hin zur „Vermittlung von Exkursionen, Praktika, Diplomarbeiten und Dissertationen“. Dies alles, so Schreck, um „ein fruchtbares Miteinander von Bremer Wissenschaft und Bremer Wirtschaft zu verstärken.“

Daimler-Uni?

Die Uni - am Tropf von Daimler, MBB und Krupp Atlas Elektronik? Die Drittmittel-Einwerbung des Uni-Fachbereichs Produktionstechnik ist regelrecht explodiert; für das laufende Jahr werden 24 Millionen Mark veranschlagt (1986: vier Mio, 1987: 9,8 Mio DM). Mit 48 Firmen und Forschungseinrichtungen, darunter auch Daimler-Benz, arbeiten die ProduktionstechnikerInnen zusammen, die ursprünglich ihren Ehrendoktor an den technischen Leiter des Bremer Werkes, Dietrich Zeyfang, verliehen sehen wollten, sich dann aber dem Druck aus Konzernzentrale und Rathaus gebeugt hatten.

Der Vormarsch der Drittmittelforschung - ist er noch zu bremsen? Eine wissenschaftspolitische Diskussion um diese Entwicklung findet kaum noch woanders als in den von finanzieller Austrocknung bedrohten geisteswissenschaftlichen Fachbereichen statt, die sich zugleich mit der Untersuchung der Technikfolgen in der Gesellschaft eine neue Legitimation verschaffen. Aber wie groß der Tropf wirklich ist, den sich Senat und Uni-Leitung am mageren Ärmchen befestigt haben, ist überhaupt nicht feststellbar. Weniger aus Geheimniskrämerei, sondern weil so viele Gremien und Einrichtun

gen damit befaßt sind, werden die Kooperationen der WissenschaftlerInnen mit einzelnen Unternehmen nicht zentral gemeldet. Allein Daimler-Benz unterhält oder unterhielt Beziehungen der unterschiedlichsten Art zu rund einem Dutzend Forschungsinstituten oder Fachbereichen an der Uni und den beiden Hochschulen.

Zwölf Partner

„Seit der zweiten Hälfte der siebziger Jahre sucht das Werk Bremen der Daimler-Benz AG - letztlich auch aufgrund des intensiven persönlichen Einsatzes der Werksleitung - den direkten Kontakt zu den Hochschulen und Forschungseinrichtungen im Lande Bremen“, heißt es in der Studie „Regionale Wirkungseffekte der Daimler-Benz -Ansiedlung“, die Wolfgang Schreck vor zwei Wochen nicht als Daimler-Werksleiter, sondern als Vizepräses der Handelskammer vorstellte. Die Studie einer Projektgruppe um den Verkehrswissenschaftler Heiner Hautau, von der Handelskammer in Auftrag gegeben und vom Werk bezuschußt (vgl. taz vom 18.8.), enthält auch einen kleinen Abschnitt über „wissenschaftlichen Kooperationsbeziehungen“, in dem die Schreck-Liste prompt in unveränderter Form auftaucht. Für vier Uni-Fachbereiche nennen die Wissenschaftler eine Präsenz des Daimler-Werks Bremen (Informatik, Produktionstechnik, Wirtschaftswissenschaft, Psychologie), an der Hochschule Bremen sind sie in den Fachbereichen Elektrotechnik und Maschinenbau fündig geworden, bei der Hochschule Bremerhaven im Fachbereich Transportwesen und

Systemanalyse. Zu vier Forschungseinrichtungen im Land Bremen unterhalten Werk und Konzernzentrale gleichfalls Kontakte: zum Bremer Institut für angewandte Strahltechnik (BIAS), zum Bremer Institut für Betriebstechnik und angewandte Arbeitswissenschaft (BIBA), zum Fraun

hofer-Institut für angewandte Materialforschung (IFAM) und zum Institut für Werkstofftechnik (IWT).

Doch das beeindruckende Bild verblaßt schnell - das Spektrum reicht von der Auftragsforschung über das hochkomplizierte sparsame Zerstäuben von Lacken bis

hinunter zur Diplomarbeit, die gleich zur Kooperation mit einem Fachbereich hochstilisiert wird. Die Aufträge einer hofierten Firma, auch wenn sie die größte private Arbeitgeberin in Bremen ist, mögen zwar als Wechsel für die Zukunft gelten, geben aber quantitativ selbst in den umhätschelten Technik-Fachbereichen noch nicht viel her. Erst in der Summe aller Industrie-Connections, die sich in den letzten Jahren in Bremen entwickelt haben, stellt es sich in Umrissen wieder ein.

Das liegt aber auch daran, daß die maßgeblichen Forschungsabteilungen des Daimler-Industriekonglomerats im Südwesten der BRD sitzen und so gut ausgerüstet sind, daß sie mit Uni-Labors ohne weiteres konkurrieren können. Eine Berufsschule hat Daimler-Benz bereits vom baden -württembergischen Landesvater Späth eingerichtet bekommen die „Wissenschaftsstadt Ulm“. Einige Forschungsaufträge aus der Konzernzentrale oder von den Tochterfirmen landen dennoch in Bremen. Eine zweite Gruppe sind die Projekte, die etwa von der EG oder vom Bundesministerium für Forschung und Technologie gefördert werden und nicht von den Daimler -Wissenschaflern nach Bremen vergeben werden. Und schließlich erteilt auch das Werk in Sebaldsbrück Aufträge, um Schwachstellen in der Produktion zu beseitigen. Mit Daimler können Wissenschaftler immer dann gut zusammenarbeiten, wenn die Firma selbst ein Problem hat. (Der zweite Teil dieser Folge mit der Darstellung einzelner Kooperationen erscheint in den nächsten Tagen.)

mc