Die Textilindustrie - sie lebe hoch!

■ Planerfüllung bei der „Hot-Couture-Modenschau“ in der Kongreßhalle

Der Plan wurde erfüllt. 48 Models in 480 Modellen: Der Auftritt von zehn Ländern (35 Stück, Studenten, namenlos, Selbstzahler) hat sein Bestes gegeben, zu Ehren von vier Firmen mit Adresse, Telefon, Telex- und Telefaxnummern, von 38 Firmen, deren Daten als bekannt vorausgesetzt werden dürften, und von weiteren sechs Unternehmen, deren Namen in letzter Sekunde und in der gebotenen Knappheit auf einer Extra-Sponsoren-Liste vermerkt wurden.

Bei der „Hot-Couture-Modenschau“ zum Abschluß der senatsveranstalteten internationalen Modewerkstatt in der Kongreßhalle winkte von Ferne, das heißt vom Chambre Separee für die VIPs, im Foyer der Euro-Markt mit seinen bunten Buffet-Fähnchen, denen an diesem Abend Kaiser's-Kaffee -Geschäft PR-mäßig deutlich unterlag, qualmte die Philip -Morris-GmbH mittels Dreierpäckchen, lockten die kühlen Blonden der Schultheiss-Brauerei, wenn schon drinnen im überfüllten Auditorium nichts lockte, außer, wie immer, das ewig Weibliche: „Cherchez la Femme“ (ja, wo laufen sie denn?). Gewidmet der Firma Harold Bop-Textilwerke, die die nagellackartigen Stoffe zur Verfügung gestellt hat, ist das Bild Nummer 16 und zeigt mindestens die zehnte Version aus der Serie „Hausfrau steigt zum Bäckerball im C&A -Abendkleid“, weshalb dann auch einzelne keck vorgesehene Freibrüste, diesmal jedoch nicht als Hommage an den ständig zitierten Christo, sondern zur Erinnerung an die deutsche Brettspielindustrie mit Fang den Hut-Hütchen zugeklebt wurden, oder bei den bonbonfarbenen „Tüll-Variationen“ der Firmen Manfred Schröder GmbH&CoKG und Wohlenberg&Co die Arme hübsch vor der Busendurchsicht verklemmt blieben, was auch ganz reizend zu der Kaufhausmusik aus Peter Radszuhns Oldie -Plattensammlungen paßte.

Alles in allem war die Schau also ein voller Erfolg für die jeweils gleich unter den einzelnen Bildern im Programm vermerkten Stoffsponsoren-Firmen, die ihre Lametta -Überproduktion nicht kostengünstiger hätten publik machen können, wurden sie doch ihrerseits vom Senat mit 200.000 Mark gesponsert und hat man doch ca. 4.000 studentische Arbeitsstunden, quasi als erzieherische Maßnahme, kostenlos, steuer- und sozialabgabenfrei für sich verbuchen können. Uneinigkeit herrscht indessen nur noch über die Entsorgung des entstandenen Kleiderbergs, gewiß scheint im Moment nur, daß diese weder vom Roten Kreuz noch von den studentischen Verursachern recycelt werden sollen.

Gabriele Riedle