Dialog-Kampagne-betr.: Kommentar von Klaus Hartung:"Tonartwechsel", taz vom 15.8.88

betr.: Kommentar von Klaus Hartung: „Tonartwechsel“,

taz vom 15.8.88

(...) Vor elf Jahren schreibt Herr Hartung im Kursbuch 48 einen Artikel, in dem er u. a. schreibt: “... Dennoch befand sich meine Familie apolitisch-politisiert, auf einem zähen, zeitlupenhaften, energielosen und geduckten Feldzug gegen den Sozialismus ...“ und beschreibt uns damit sehr anschaulich seinen eigenen Weg, den er inzwischen gegangen ist. Herr Hartung und alle Befürworter der „Dialog-Kampagne“ wollen nicht wahrhaben, daß nicht der Weg der Gefangenen und derer, die auch heute noch Widerstand gegen dieses uns alle vernichtende System für notwendig halten, der falsche ist, sondern ihr Marsch durch die Institutionen, ihre Anpassung an die parlamentarischen Spielregeln und damit ihr Teilnahme an diesem Staat.

Sie wollen endlich Erfolge haben, Leute vorführen können, die „umgekehrt“ sind. Wenn's die nicht gibt, schafft man sich halt welche. Daß Leute, die abgeschworen haben (aus welchen Gründen auch immer), zum „Dialog“ bereit sind, ist klar. Die brauchten sie nicht mehr zu überzeugen. Da außer denen aber keine Gefangenen reihenweise begeistert rufen „ja, bitteschön, wir wollen die Dialog mit diesem Staat!“, müssen eben welche produziert werden.

Aber durch falsche Behauptungen wird eine Geschichte nicht richtiger - und auch nicht durch ständige Wiederholungen (über andere Gefangene werden zum Teil ähnliche „Informationen“ in die Welt gesetzt, wohl in der Hoffnung, daß das die gewünschte Wirkung hat). Und wir denken, daß all die „Dialog-Befürworter“ sich endlich einmal überlegen sollten, warum auf ihre Bedingungen niemand eingehen will und nicht gefangene Genossen zu Objekten degradieren und auf deren Rücken die eigene Politik machen, auf die sich viele im Knast und draußen mit gutem Grund nicht einlassen wollen.

Freunde von Ronald Fritzsch und Ralf Reinders