„Welcher Spruch?“

■ DFU-Kampagne gegen die Inschrift am „Deutschen Haus“ / taz-Umfrage vor Ort

„Was halten Sie von diesem Spruch dort oben?“ frage ich die junge Kellnerin, die am Marktplatz vor dem „Deutschen Haus“ Kaffee und Kuchen serviert. „Welcher Spruch?“ fragt sie erstaunt zurück. „Na, den da oben“, antworte ich und weise mit dem Zeigefinger auf die in etwa 50 cm großen weißen Lettern an die alte Fassade geschriebene Inschrift: „Gedenke der Brüder, die das Schicksal unserer Trennung tragen.“ „Da hab‘ ich nie drüber nachgedacht“, räumt sie ein - und ist wieder weg.

„Der Zug ist abgefahren!“ erwidert ein Mann in den Vierzigern. Es ist ihm „vollkommen egal“, ob der Spruch bleibt oder nicht. „Ich würd‘ das gar nicht merken, wenn der weg wäre“, meint er weiter. Ein anderer Passant findet die „Sprücheklopferei widerlich“, weil ihn das an die DDR erinnert, „wo an jeder Ecke Parolen sind“, was ihn unheimlich stört. Er meint: „Solche Parolen passen hier nicht hin.“

Den meisten war's aber „völlig egal“, die gestern unerwartet am Marktplatz in die kleine unrepräsentative taz-Umfrage gerieten. Nicht egal ist es jedoch der „Deutschen Friedens -Union“ (DFU), die gestern anläßlich des Antikriegstages eine Kampagne gestartet hat, um die Erinnerungen an den Kalten Krieg aus Bremens „guter Stube“ zu verbannen (s. taz vom 7.7.88). Die DFU sieht darin nicht nur den „Geist des Kalten Krieges“, so Ekkehard Lentz von der DFU gestern gegenüber JournalistInnen. Der Spruch sei „frauenfeindlich“ und außerdem „historisch falsch“, weil die Trennung der beiden deutschen Staaten „nicht schicksalhaft, sondern damals bewußt herbeigeführt worden ist“, so der Sprecher der DFU weiter.

Mit einer Flugblatt-Kampagne möchte die DFU erreichen, daß die Inschrift entweder ersatzlos entfernt oder durch eine „zeitgemäße Inschrift“ ersetzt wird. Die Bevölkerung wird aufgefordert, Vorschläge, Ideen und Meinungen an die DFU (Grünenweg 14, 28 HB 1) zu senden.

Nach einer Auswertung der Zuschriften will die DFU an den Senat herantreten, dem das „Deutsche Haus“ gehört. Am liebsten würde die DFU dort den Appell der Malerin Käthe Kollwitz „Nie wieder Krieg!“ sehen.

RaS