Tot sein ist schöner als wie ohne Geld!

■ Das Expertenteam „3 Tornados“ vom Institut für kriminelle Hochenergieforschung zur Entdeckung der Rösner-Relation

Dem gelernten Bankräuber Hans-Jürgen Rösner, der mit 14 Jahren seine Schule im Erziehungsheim beendete, um den ihm zugewiesenen Ausbildungsplatz in der Justizvollzugsanstalt einzunehmen (drei Jahre Jugendstrafe), verdanken wir die aktuelle Erkenntnis: Tot sein ist schöner als wie ohne Geld. Er äußerte sie gegenüber Journalisten, die sich für seine Tätigkeit als Busentführer interessiert hatten und ihn an seinem Arbeitsplatz interviewten.

Es gelang damit, die allgemeine Handlungsmaxime des Menschen der Geldzeit aufzustellen, die nach ihrem Entdecker benannte Rösner-Relation, deren globale Geltung auf dem Hintergrund der ökologischen Problematik anschaulich hervortritt. Die Rösner-Relation erlaubt die exakte Bestimmung des Verhältnisses Mensch-Ozonloch (kriminelle Energie gleic Masse mal Geschwindigkeit im Knastquadrat, d.S.)und bildet die Grundlage für Berechnungen zum Untergang des Abendlands.

Diese Erkenntnis ist recht und war billig. Rösners Forschungsaufwand erstreckte sich letztlich auf Planung, Durchführung und Ausrüstungsbeschaffung für einen Banküberfall mit Geiselnahme, den er mit zwei Kollegen in Angriff nahm und der Engagement, Mut und vollen persönlichen Einsatz verlangte. Die Materialkosten (Handfeuerwaffen, Pharmaka, Telefon- und Reisekosten sowie Kleinmaterial) waren außerordentlich gering. Auch die Ausgaben der Öffentlichen Hand, die das Unternehmen mit kurzfristigen Krediten, Mietwagen und Begleitpersonal ausstaffierte, blieben in einem Kostenrahmen, der den Bundesrechnungshof nicht zu einer Rüge veranlassen wird und Vergleichen anderer Forschungseinrichtungen standhält. Lediglich die Ausbildung des Rösner-Teams, die gegenüber einem Hochschulstudienplatz drei- bis fünfmal höheren Kosten für einen Haftplatz, stellen einen atypischen Faktor dar, der allerdings einmal mehr dokumentiert, welche Bedeutung die Gesellschaft dem Dritten Bildungsweg erfreulicherweise beimißt.

Mehr ins Gewicht fällt da schon der Tod dreier Menschen im Gefolge dieser Expedition ins Geldreich. Diese Tatsache wird auch nicht dadurch relativiert, daß andere Pionierleistungen der Menschheit ein Vielfaches an Opfern erfordert haben, obwohl ihr Nutzen ungleich fragwürdiger erscheint: etwa die Besteigung der Eiger-Nordwand oder die Errichtung des Kamener Kreuzes. Die Demokratisierung

der Medien

Die tragischen Schicksale der Opfer lenken die Diskussionen in der Öffentlichkeit nach dem gleichen Muster, das uns auch in den Auseinandersetzungen um Fortschritte in der Gentechnik oder der Herzchirurgie begegnet: Die Debatten um Ethik menschlichen Handelns verdecken den Blick auf den tatsächlichen Fortschritt, und allzuoft sehen sich die Akteure auf diesen Feldern von den Zeitgenossen verfolgt und kriminalisiert.

Dabei sollte endlich klar sein, daß bei jeder Geiselnahme wie bei jeder Herztransplantation oder Dioxin-Lagerung - ein Restrisiko besteht und der Ausschluß von Todesfällen Unschuldiger nicht mal im Straßenverkehr erfolgen kann.

Diese allzubekannte Tatsache hat erstmals im Falle Rösner aber zu einem aufgeschlosseneren Umgang der Medien und der Bürger vor Ort mit den bis dahin unbekannten Forschern geführt: zwanglose Interviews aller Beteiligten wurden möglich, so daß die Öffentlichkeit sich ein klareres Bild von dem Geschehen machen konnte. Die entwickelte Demokratie stellt in den Medien endlich Gleichberechtigung her, indem sie neben dem amerikanischen Präsidenten und dem Pressesprecher der Dünnverklappungsfirma auch der nichtgewählte und unbezahlte Repräsentant seine Übergriffe dem Publikum persönlich erläutern kann.

Es bedurfte erst eines Rösners, um das allen gemeinsame Aussageanliegen so präzis auf eine geniale Kurzformel zu bringen: Tot sein ist schöner als wie ohne Geld!

Der erleuchtete Tatort

Neben dieser inhaltlichen und medienpolitischen Bedeutung hat die Postulierung der Rösner-Relation einem neuen Unterhaltungsgenre zur Geburt verholfen: dem authentischen Live-Krimi.

Die Verschmelzung von U- und E-Krimi wirft technisch heute keine Probleme mehr auf: Die rasche filmgerechte Ausleuchtung der Drehorte, die Übertragung aus fahrenden Verfolgungswagen im Stereo-Dolby-B-Verfahren ermöglichen interessante Aufnahmen, die auch unter ungünstigen Witterungsverhältnissen hohe Bild- und Tonqualität garantieren. Der Reiz dieser Krimis wird neben ihrer Authentizität durch die offene Dramaturgie hervorgerufen, die von Tätern, Reportern und Polizei gemeinsam und unabhängig voneinander gestaltet wird und zu stets überraschenden Situationen führt. Die Rösner-Serie konnte hier - trotz der wenig originellen Grundidee „Bankraub mit Geiselnahme“ - deutlich Punkte machen, die unwahrscheinlichsten Wendungen führten dank der Glaubwürdigkeit der Akteure zu einem spannenden Geschehen, die Polizei zeigte endlich sicheres Gespür für einen knalligen Schluß. Die Erwartungshaltung des Publikums erzwingt in diesem Genre den Sieg der Polizei, die Güterabwägung zwischen Menschenleben und Lösegeld wurde gemäß der Rösner-Relation entschieden. Trotzdem muß sich Regisseur Schnoor herbe Kritik gefallen lassen, denn natürlich wäre ein Schluß mit toten Tätern und lebenden Geiseln populärer gewesen. (Die bayerische Polizei hat daher den Schluß in ihrer Version nachgedreht und eine Reihe schöner Todesschuß-Varianten auf den Film bekommen, doch das reicht leider nicht mal für die Oberhausener Kurzfilmtage: Die bayerischen Euthanasie-Filmer haben das Besondere der Live-Situation verkannt und müssen warten, bis sie dran sind.)

Das lebhafte Interesse der Zuschauer läßt eine baldige Wiederholung volkswirtschaftlich und beschäftigungspolitisch sinnvoll erscheinen. Schon drängt die werbende Wirtschaft wegen der traumhaften Einschaltquoten. Denkbar wäre in Zukunft folgendes Modell: Die Gangster fordern und erhalten Geld, begeben sich mit den Geiseln in eine Fußgängerzone und versteigern dort die Verwertungsrechte an die meistbietende Mediengesellschaft. Von diesen Geldern können in aller Regel die erpreßten Summen zurückgezahlt sowie Kosten für Fluchtautos und Hinterbliebenen-Renten beglichen werden. Die Polizei schaltet im Polizeifunk zusätzlich Werbespots und arbeitet dann mehr als kostendeckend, wenn es ihr gelingt, den Tätern bzw. ihren Erben das Geld abzujagen. Weiterhin wäre die Beteiligungsmöglichkeit der Zuschauer noch zu entwickeln, die mittels TED in den Verlauf eingreifen oder vorschlagen könnten, welcher mutige Politiker die Austauschgeisel der Woche werden soll. Seit Rambo das Prädikat „wertvoll“ erhalten hat, sind die TV-Unterhalter gefordert.