Himmelhund mit Leihflasche

■ Eggers Sohn verkauft Italo-Wein des Italo-Western-Produzenten Zingarelli an Germano-Korkenzieherbesitzer und sprach gestern über Leihflasche und Binnenmarkt

Der Anlaß des hübschen Pressegesprächs im Bremer Presse -Club ist mir noch immer nicht ganz klar. Aber wer fragt nach Anlässen, wenn er auf blassblaugemütlichem Sofa sitzen darf, Toskana-Wein bekommt und Kassler-unter-Pfirsich -Petersilie-Häppchen. Der vegetarischen Kollegin wird sogar ein Käseschnittchen dekoriert. Da sitzen die Menschen chromlampenschön beleuchtet zwischen adretten Weinflaschen und haben einfach Stil. „Wir wollten mal aus dem Schatten heraustreten“, sagt ein braungebrannter Herr mit feiner goldener Armbanduhr, „das ist einfach eine Notwendigkeit der Zeit.“

Der braungebrannte Herr ist Eggers Sohn & Co. -Geschäftsführer Arend Wohlers. Eggers Sohn (darum ging es wohl) ist das älteste Bremer Weinimporthaus in Familienbesitz (gegründet 1773), ein Unternehmen mit 55 Mitarbeitern, das seine bestimmt geschmackvollen Umsätze „recht fröhlich fortentwickelt“. Das Geschäftsjahr 87/88 endete mit einem Gesamtumsatz von 26 Millionen Mark u.a. durch 11% mehr Weinimporte als 86/87, der Spiri

tuosen-Markt war ob des milden Winters etwas lau.

„Die Leute sind wesentlich bewußter geworden im Trinken“, sagt Herr Wohlers. Darum bleibt das Produkt mit Stil (die gute Flasche Wein als Ikone kulturellen Kapitals) hart an seinem Kunden. „Der Wegfall der Binnengrenzen durch die geplante Steuerharmonisierung soll Zollformalitäten innerhalb der EG überflüssig machen - und damit ein Gutteil der bisherigen Arbeit der Weinimporteure“, sagt Eggers Sohn. Dann verkaufen sie statt dessen eben mehr „Logistik“ und Marketing-Konzepte und helfen den Abnehmern so, die hübschen Glasfläschchen aus Bordeaux (70% des Gesamtimports kommt aus Frankreich) oder den Hügeln der Toskana (27% aus Italien) an Toskana-Mythen-durstige Weintrinker zu verhökern.

Der italienische Partner von Eggers Sohn ist überhaupt ganz prächtig und PR-wirksam. Rocca delle Macie liegt bloß 10 Km von Florenz und Siena. Das hat Kultur. Das ist immer gut. Rocca delle Macie gehört aber darüber hinaus dem 170-kg-Italo Western-Selfmade-Mann Italo Zingarelli. Der sieht nicht nur aus wie Bud Spencer, er hat auch die ersten vier Terence -Hill-Bud-Spencer-Filme produziert. Heute ist er weinbauschlau und darum Vize-Präsident der Chiantigebiet Galonero-Vereinigung.

Und clever genug, mit chemiefreien Bio-Weinen speziell auf den deutschen Markt zu schwappen. 87/88 hat Eggers Sohn 300.000 Rocca-Flaschen an deutschsprachige Korkenzieherbesitzer verhökert. Darunter so hübsche Exemplare wie den niedlich perlenden Weißwein Galestro. Den kenn‘ ich auch. Sehr geschmackvolle Flasche.

Weil ein Pressegespräch aber doch irgendwie nach einem Thema verlangt, informiert Eggers Sohn die wein- und häppchenfrohe Presse vorsichtshalber noch über seine positive Haltung zur Wiedereinführung der Leihflasche und begrüßt einen „geregelten Markt für Gebrauchsflaschen“ nach dem Modell Dänemark: ca. 30 Pf Verpackungsabgabe für jede hütten-neue Flasche, bei Wiederbenutzung wird die Flasche von der Abgabe be

freit. Das ist kostengünstiger als das Pfandflaschensystem, das mit Rücklauf-Risiken und erhöhten Transportkosten verbunden ist, und sollte „EG-weit und durch Staatsinitiative geregelt werden“, sagt Wohlers (der nett Dagobert-Duck-mäßig zum Schwedenurlaub schon mal einen Sack Blechdosen mitschleppt, weil's da in Schweden 50 Öre für gibt). Freiwilliges Flaschenausleihen ist aufgrund des Konflikts zwischen importierenden Weinabfüllern (die sind dafür) und Flaschenweinimporteuren (die sind dagegen) nicht in Sicht.

Abschließend dann noch ein paar Worte zum 92er EG-Binnen -Markt, der den Weinhändler mit zwischen 0 und 33% schwankenden Umsatzsteuern der 12 Mitgliedstaaten verschreckt. „Ich seh nicht, wie das umgesetzt werden soll. 1992 ist wohl eher eine symbolische Zahl.“

Zur kleinen Nachricht bekomme ich noch eine Palette Rocca und die Einladung zur Weinprobe Ende September. Da darf ich dann das ganze Repertoire einmal durchprobieren. Na denn Prost.

Petra Höfer