Tourismus-Boykott gegen Österreich

Der Yale-Professor Bela Liptak will das Stausystem mit einem Kredit-Boykott gegen Ungarn verhindern, aber auch Österreich als Finanzier unter Druck setzen  ■ I N T E R V I E W

taz: Herr Professor Liptak, Sie sind Gründungsmitglied des 1987 gegründeten „Ungarischen Umweltfonds“. Was ist das für eine Institution?

Liptak: Unsere Arbeit wird von 232 Umweltgruppen und mehreren zehntausend Individuen, darunter natürlich viele im Ausland lebenden Ungarn, unterstützt. Insgesamt dürften es zwei Millionen Menschen sein.

Was ist Ihr Hauptanliegen?

Der Schutz der Donau. Eine unsere Hauptforderungen: Baustopp in Gabcikovo und Nagymaros! Hinter diesem gigantischen Großprojekt steht eine stalinistische Auffassung der Natur, die das ökologische Gleichgewicht vollständig mißachtet. Die Planer dort glauben, die Donau wie eine Klospülung bedienen zu können - aufstauen und ablassen, wie es in den industriellen Arbeitstakt paßt. Nur ein Beispiel: Durch den hohen Wasserspiegel der Stauseen werden die Nebenflüsse anstatt in die Donau hineinzufließen, rückwärts fließen. Außerdem fehlen an dem gesamten Donauabschnitt Kläranlagen. Innerhalb kürzester Zeit werden der Kanal und die Stauseen umkippen.

Hat sich Ihrer Meinung nach die Situation in Ungarn verändert?

Allerdings. Letztes Jahr zum Beispiel wollten sie mir noch nicht einmal ein Einreisevisum zum Begräbnis meiner Mutter geben, dieses Jahr haben sie mich eingeladen. Allzu optimistisch bin ich jedoch nicht. Die Kräfte, die an den alten stalinistischen Ideen festhalten, sind immer noch sehr stark.

Was wird der Ungarische Umweltfonds unternehmen, wenn in Nagymaros weitergebaut wird?

Am 10. August haben sich die Specher des Fonds in der Yale -Universität getroffen und dort drei Schritte beschlossen. Als erstes finden ab sofort Besuche bei den verschiedenen Finanzinstituten statt, die Ungarn Kredit geben, um das sofortige Einfrieren aller Kredite an Ungarn zu erwirken. Zweitens haben wir beschlossen, einen Touristen-Boykott gegen Österreich zu organisieren. Wir werden weltweit durch alle mit uns verbundenen Organisationen dazu aufrufen, Sommerferien und Skiurlaub in einem anderen Land zu verbringen, um die Donauzerstörung zu verhindern. Zum dritten wird am 30.Oktober ein weltweiter Protesttag stattfinden. 30 Städte, darunter Bratislava, Prag, Budapest, Wien, Sidney und Buenos Aires, haben für diesen Tag Demonstrationen vor der ungarischen Botschaft angesagt.