Überflieger Scholz

■ Der Verteidigungsminister antwortet dem NRW-Chef Rau auf dessen Bedenken zum Flugtag Nörvenich

D O K U M E N T A T I O N

Rau hatte an Scholz geschrieben, er sei vom Kommandeur des Geschwaders in Nörvenich „gebeten worden, für einen „Tag der offenen Tür“ am 28.August 1988 die Schirmherrschaft zu übernehmen“. Rau wörtlich: „Niemand kann die Gefahr eines Unfalles bei Flugtagen ausschließen, die um so schwerer wiegen muß, als mit mehr als hunderttausend Besuchern in Nörvenich zu rechnen sein wird“. Rau bat Scholz zu prüfen, ob man sich bei dem Flugtag nicht „auf die Besichtigung von Fluggeräten konzentrieren sollte...„

Auf diesen Brief antwortet Scholz:

„Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, für Ihr Schreiben vom 30.6.1988, in dem Sie den „Tag der offenen Tür“ des Jagdbombergeschwaders 31 „Boelcke“ ansprechen und Ihre Sorge um die Programmgestaltung vor dem Hintergrund der derzeitigen Tiefflugdiskussion Ausdruck geben, danke ich Ihnen. Ich möchte Ihnen besonders danken für Ihre Bereitschaft, die Schirmherrschaft über diese Veranstaltung zu übernehmen, da dies gerade in den Zeiten einer deutlich ansteigenden Sensibilisierung der Bevölkerung gegenüber Umweltfragen allgemein und der besonderen Belastungssituation im Zusammenhang mit militärischem Übungsflugbetrieb ein wichtiges und von der Truppe dankbar empfundenes Zeichen setzt.

Ich habe volles Verständnis für die in Ihrem Schreiben geäußerten Sorgen. Es ist eine regelmäßig wiederkehrende Erfahrung meines Hauses, daß sich vor derartigen Veranstaltungen Bürgergruppierungen, aber auch Mandatsträger voller Bedenken an die Organisatoren wenden, wobei die Fragen nach etwaigen Sicherheitsrisiken angesichts der großen Besucherkonzentration im Mittelpunkt stehen.

Ich kann Ihnen versichern, daß bei solchen Flugveranstaltungen sehr strenge nationale Vorschriften erlassen sind und internationale Abkommen im NATO-Rahmen (STANAG) gelten. Die dort gezeigten Flugmanöver gehören zur fliegerischen Praxis der Piloten; hinzu kommt, daß sowohl bei der Flugsicherung am Boden als auch bei den fliegenden Besatzungen besonders erfahrenes und gezielt vorbereitetes Personl eingesetzt wird. Die Überschaubarkeit der Vorführungen erleichtert die Überwachung, so daß auch hierbei ein Sicherheitsbonus entsteht. Platzfremde Besatzungen werden bei Vorflugbesprechungen besonders intensiv eingewiesen, wobei die Frage der Lärmbelastung für umliegende Gemeinden (deren Bewohner erfahrungsgemäß in überwiegender Mehrzahl unter den Zuschauern vor Ort weilen) an zentraler Stelle steht.

Gerade den ausländischen Besatzungen, die das Leistungsvermögen ihrer bei uns stationierten Waffensysteme einer besonders interessierten Öffentlichkeit vorstellen, ist ein ausgeprägtes Sicherheitsempfinden zu attestieren sie sind Botschafter ihrer Teilstreitkraft und ihres Landes.

Der Umfang der Flugvorführungen wird den eines normalen Flugbetriebes in Nörvenich nicht übersteigen. Auch an den Dienst-Tagen des Geschwaders landen und starten regelmäßig Gastmaschinen befreudeter Streitkräfte, bzw. fliegen dort ihre Übungs-Platzrunden. Daß dies an einem solchen „Tag der offenen Tür“ in konzentrierter, exemplarischer Weise geschieht, ist aus meiner Erfahrung heraus ganz im Sinne der Besucher, die (u.a. als Steuerzahler) ein besonderes Interesse an einer entsprechenden Unterrichtung über das Leistungsvermögen der ihre Sicherheit garantierenden Systeme mitbringen. Diesen Bürgern nur eine Besichtigung von Fluggerät am Boden zu ermöglichen, hieße einen eindeutig artikulierten Wunsch nach Information außer acht zu lassen.

Ich hoffe, sehr geehrter Herr Ministerpräsident, daß Ihnen meine Gedanken zu dieser Veranstaltung ausreichend Aufklärung bieten, um den geäußerten Bedenken entgegentreten zu können. Für weitere Informationen steht Ihnen der Führungsstab der Luftwaffe bzw. auch das Geschwader in Nörvenich gerne zur Verfügung.