Ein lila Kleidchen

■ Die SPD hat eine Quotenregelung verabschiedet

Spät ist es geworden, und allzu schnell darf es auch nicht gehen. Aber beschlossen ist, daß quotiert werden muß, wenn auch nur zu 40 Prozent. Für den alten Tanker SPD wahrlich eine historische Entscheidung und für die Frauenbewegung und die grünen Frauen ein ungeheurer Erfolg. Leider hat der Beschluß ein Schlupfloch, weil die Plätze, für die sich keine Frau findet, mit Männern aufgefüllt werden dürfen und nicht freigehalten werden müssen. Das Schlupfloch möglichst klein zu halten wird die SPD-Frauen noch viel Kraft kosten.

Freilich darf man sich nichts über die Männerpartei SPD vormachen. In gewisser Hinsicht ist die Quote den Genossen an der „Basis“ von oben aufgedrückt worden: Der Parteivorsitzende persönlich wollte die Zweidrittelmehrheit haben. Außerdem machen Kleider Leute, und die SPD weiß allzu gut, daß ihr Kleid bei der nächsten Bundestagswahl auch lila glänzen muß, gerade in der Konkurrenz zu den Grünen. Die jüngeren Frauen, sagen die Wahlforscher, entscheiden die Wahl, und die kann man heute nicht mehr so leicht abspeisen. Was das Ja zur Quote inhaltlich bedeuten soll, ist folglich kaum gefüllt. Unfreiwillig demonstrierte das Vogel in seiner Rede am besten. Er bekannte sich zur Quote, aber für die Utopie, die er später an die Wand malte, besaß das keine Konsequenz: Das war eine Gesellschaft ohne Ausbeutung der Natur, ohne Rassismus und (allgemeine) Unterdrückung. Da fehlte die Vision, in der die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung aufgehoben, und das System von Produktion und Reproduktion grundsätzlich verändert ist. Das ist jedoch die Kernfrage der Emanzipation. Trotz Quote haben es Männer in der Politik weiterhin einfacher. Aber die Quote garantiert, daß die Debatte um die geschlechtsspezifische Arbeitsteilung, nicht mehr einschläft.

Ursel Sieber