Abseits von Ostberlin

■ BREMINALE Literatur: Autoren aus Rostock: Klaus Frühauf, Konrad Reich, Horst Matthies und Egon Richter

Ein neues Selbstverständnis findet sich bei den Autoren der DDR. Das war am Mittwoch bei einer Lesung im Ambiente abseits vom großen Trubel der Breminale zu hören.

Initiiert vom Verband deutscher Schriftsteller (VS) und mitveranstaltet vom Heimatfunk Radio Bremens, stellten vier Autoren aus Rostock Auszüge aus ihren neuesten Erzählungen vor. Um die literarische Vielfalt der Bremer Partnerstadt zu vermitteln, waren Klaus Frühauf, Konrad Reich, Horst Matthies und Egon Richter in die Hansestadt eingeladen worden.

Nachdem es nach den 70er Jahren etwas ruhiger geworden war, ist in den letzten Jahren ein neues literarisches Selbstverständnis in der DDR entstanden. Offensichtlich abseits von der Ostberliner Szene hat sich im nördlichsten Bezirk entlang der Ostseeküste ein kulturelles Zentrum entwickelt, von dem Kunsthandwerker wie Schriftsteller aus der ganzen DDR angezogen werden. Die Bandbreite der literarischen Ausdrucksformen reicht von der Alltagskritik bis zu wissenschaftlich-fantastischen Interpretationen der Wirklichkeit.

So beschreibt der Techniker Klaus Frühauf in seiner science -fiction-Erzählung „Die Mütter der Kosmonauten“ - zwei Wesen aus kaltem Fleisch und in der Form von Polyedern - den Besuch künstlich gezeugter Wesen auf der Erde. Das schlimmste an ihnen ist, „daß sie die Menschen nicht beachten“ und offensicht

lich „die Erde als einen Planeten voll unwichtiger biologischer Systeme“ betrachten.

Ganz anders der Stil von Egon Richter. Die Erzählung „Der Lügner und die Bombe“ ist ein Monolog im Straßenjargon. Der Erzähler muß sich als Angeklagter vor dem Staatsanwalt verteidigen und stolpert dabei immer wieder über volksnahe Ausführungen zu „Jugendfreunde und Sozialismus“.

Ebenfalls staatskritisch die Erzählung des Querdenkers Horst Matthies. Bekannt eher als Hörspielautor - er ist Hörspielpreisträger des Rundfunks der DDR - und Verfasser von Kinderbüchern, stellte er die Erzählung „Ein Kilogramm siebziger Nägel oder das Leben regelt alles“ vor, eine Geschichte zur „Geschichte der bedeutenden Entdeckungen zur Unzeit.“

Ganz neu in dem Genre auch die Mythologie der Seemannssprache. Der Verleger des Hinzdorf-Verlags und Verfasser zahlreicher Sachbücher, Konrad Reich, hat mit der Erzählung „Das zweite Gesicht“ maritimen Charakter mit parapsychologischen Aspekten in die Lesung gebracht. Fazit der Seefahrergeschichte: Auch wenn wir die Wahrheit wissen kennen wir sie dann wirklich?

a.ha

Die Lesung ist von Radio Bremen aufgezeichnet und wird am 8. Oktober gesendet.

Am Freitag um 20 Uhr findet im Ernst-Waldau-Theater eine Lesung „Meister niederdeutscher Literatur“ statt.