Rotraut, Tobi und das Theatüüt

■ Auf der ersten Pressekonferenz des Theaters zur neuen Spielzeit redete man am Mittwoch im Parkett-Foyer bei Keks und Kaffee über Premieren, Programm, Verträge, Spielstätten und Umbau

Die auf der ersten Pressekonfe renz der neuen Spielzeit zur Presse sprechenden Theaterherren sitzen anzugschön in langer Reihe, nur Herr Krämer, Schauspielleiter in seiner letzten Bremer Spielzeit, ist ganz in Schwarz. Das ist schick. Günter Krämer redet wortgeschickt zur neuen Spielzeit, spricht von seinem „Nord -Ring“ (ein Drei-Premieren-hintereinander Wochenende mit Barlachs Armem Vetter, Reinshagens Feuerblume / Schönbergs Pierrot Lunaire und Greiners Torffahrer vom 30.9. bis 2.10), alles irgendwie „eine Verabschiedung vom düsteren Norden“. Dazu möchte Herr Krämer nun aber „keinen Schmerz aufkommen lassen, wir werden arbeiten bis zum letzten Tag.“ Dann geht er hin und arbeitet. Ein Mann in Schwarz auf dem Weg zur immer nächsten Theaterprobe.

Im Nachfolgenden trug Intendant Tobias Richter vieles zum neuen Programm des Musiktheaters vor, auf das ich mich gar

nicht konzentrieren konnte, weil noch mehr schwarzgekleidete Menschen in prächtiger Haltung und der Reihe nach in den Saal filierten, so grazil, ausdrucksstark und ohne anzuecken, daß man gleich weiß: Tänzer. Ein ganzer Haufen davon, der sich feingliedrig abwechselnd Augen, Mund und Ohren hinter die Handflächen legt. Herr Richter redet einfach weiter. Im Theater geht alles nach Programm.

Erst als das Musikprogramm restlos abgehandelt ist, zeigt sich der Intendant auf Nachfrage bereit zu erklären: „Ich bin durch diesen Auftritt auch überrascht worden, sonst hätte ich ihn angekündigt, und man hätte ihn noch eindrucksvoller setzen können - zeitlich.“ Herr Richter ist mit seinen Tanztheater-Leiterinnen Rotraut de Neve und Heidrun Vielhauer offenbar nie zufrieden.

Die dürfen dann, als sie tagesordnungsgemäß endlich an der Reihe sind, eine Rede vom Blatt ablesen. Frau de Neve leiert lei

der etwas, liest von „unkünstlerischer und unmenschlicher Entscheidung“, von prominenten Theaterfürbittern (Ciulli, Flimm & Co.), die sich für sie eingesetzt hätten, von unbeantworteten Ensemble-und Bürgerbriefen und vom allgemeinen großen „Schweigen“, kündigt noch eine eigene Pressekonferenz an, und schwupp sind alle zart entschwunden. Bevor Richter noch ganz darauf hinweisen kann, daß jetzt das Tanztheater sein Programm vorstellt, ist das Tanztheater weg.

„Zum geäußerten Protest habe ich nichts zu sagen“, sagt Richter, „Es ist keine einsame persönliche Entscheidung, sondern eine, die ich fachlich und künstlerisch rechtfertigen kann.“ Der neue Tanzchef, Johannes Kresnik, komme jedenfalls Anfang nächster Woche zur Vertragsunterschrift nach Bremen und sei ausdrücklich bereit, sich mit den „Künstlern, die Interesse an einer Zusammenarbeit haben, auseinanderzusetzten.“ Künstlerische

Zusammenarbeit lasse sich schließlich nicht verordnen, die Bereitschaft, Bremer Tänzer ins mitgebrachte Kern-Ensemble zu übernehmen, sei aber durchaus vorhanden.

Ansonsten: Es gibt eine erfreuliche Abo-Steigerung um 5%. Unter diesen Stammgästen, „die sich den sanften Zwang auferlegen, regelmäßig ins Theater zu gehen“, sind auch 130 Teenies. „Das Jugend-Abo ist wider Erwarten sehr gut angekommen.“

Und: „Das Ticket-Service-Center wird mit einer Verzögerung von zwei Monaten seine Arbeit aufnehmen.“ Ab Novermber kann man dann in Bremen ganz zentral seine Eintrittskarten erwerben. Es sei nun doch ein „positives Gutachten“ zu dem in Verruf geratenen Projekt „signalisiert worden.“

Schlecht sieht es dagegen für das seit Anfang des Jahres beredete (Opern)Theater im ehemaligen Schwimmdock der AG Weser aus. „Die Chancen für eine Ver

wirklichung dieses Projekts, auch als Ausweichspielstätte für uns, sind stark gesunken“, sagt Richter. Es sei ein ungeheurer finanzieller Kraftakt von 1,5 bis 3 Millionen Mark erforderlich, selbst „wenn Sie jeden Abend Michael Jackson dahaben, kommen Sie noch nicht in die schwarzen Zahlen.“

Die geplanten Ausweichspielstätten für die Umbau-Spielzeit 89/90 sollen erst im Oktober als „Konzept perfekt vorgestellt“ werden, 88/89 sei dagegen eine „normale Spielzeit garantiert“.

Der geplante Umbau sei darüber hinaus ein restlos rationeller, einer, der auf Einsparungen und Arbeitserleichterung am Theater angelegt sei. „Wenn Sie glauben, Sie werden hier neue Sessel oder eine neue Optik kriegen, dann ist das ein großer Irrtum. Die Dinge, die wir machen, sind sehr funktionell. Wir bekommen eine tolle Bühne und eine tolle Werkstatt“, sagt Richter. Das ist toll.

pH