Denkzettel für Oskar Lafontaine

■ Stellvertretender Parteivorsitzender mit nur 293 Stimmen wiedergewählt / Däubler-Gmelin als dritte Vize

Münster (taz) - Oskar Lafontaine hat gestern auf dem SPD -Parteitag einen deutlichen Denkzettel bekommen. Nach seiner Rede vom Vortag und seinen Thesen zur Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich und zur Sonntagsarbeit wurde er nur mit 293 Stimmen zum stellvertretenden Parteivorsitzenden wiedergewählt. 116 Delegierte stimmten mit Nein; 19 enthielten sich. Nach einer Schrecksekunde applaudierten ihm diejenigen, die ihn gewählt hatten, demonstrativ, während auf der gesamten Gewerkschaftsbank nur zwei Frauen mitklatschten. Oskar Lafontaine reagierte kurz und knapp: „Ich nehme die Wahl an und danke für euer Vertrauen. Jedes andere Ergebnis wäre unehrlich gewesen“. Und dann: „Ich verspreche euch, so zu bleiben, wie ich bin.“

Hans-Jochen Vogel ist dagegen mit überwältigender Mehrheit als SPD-Vorsitzender bestätigt worden. Nur vier Delegierte stimmten mit Nein, 426 mit Ja. Das ist das beste Ergebnis eines SPD-Vorsitzenden. Johannes Rau, bereits seit 20 Jahren im Parteivorstand, ist mit 398 Stimmen als Parteivize wiedergewählt worden. Nach dem Ja zur Quote und der Veränderung des Parteistatuts ist gestern zum erstenmal in der Geschichte der SPD eine dritte stellvertretende Parteivorsitzende ins Amt gehievt worden: Die Bundestagsabgeordnete Herta Däubler-Gmelin erhielt 353 Ja -Stimmen, mit Nein stimmten 72 Delegierte.

U. Sieber Siehe auch Seite 4