Kahrs, Notar von Krönings Gnaden

■ Wie Ex-Justiz-Senator Kahs mit Hilfe seines Amtsnachfolgers Notar wurde

In Bremen-Vegesack wurde vor wenigen Wochen ein Rechtsanwalt zum Notar bestellt, der diesen Karrieresprung eingentlich nicht hätte machen dürfen, wenn es nach seiner eigenen Verfügung gegangen wäre. Die Rede ist von dem früheren Senator für Rechtspflege und Strafvollzug, Wolfgang Kahrs.

Seit der letzten Bürgerschaftswahl im September 1987 ist Kahrs „nur noch“ Abgeordneter und hat folglich Zeit für richtige Arbeit. Er trat deshalb in die Kanzlei Voigt, Lohsin und Partner am Sedansplatz ein, eine Adresse, die durch den Zugewinn des gewesenen Senators noch vornehmer wurde.

Bei seinem Amtsnachfolger, dem jetzigen Justizsenator Volker Kröning, beantragte Kahrs die Bestellung zum Notar. Notar kann nämlich nicht jeder Anwalt werden: Notare müssen amtlich ernannt werden. Hinzu kommt: Im Laufe der 80er Jahre ist die Nachfrage nach notariell beglaubigten Urkunden und Immobilien-Verträgen rapide abgesackt. Der Zusammenbruch des Häusle-Bau-Booms ging auch an den würdigen Bremer Notaren nicht spurlos vorüber. Deshalb erließ deren Aufsichtsbehörde, der Senator für Justiz, mehrere Verfügungen, die den Zugang der Anwälte zum Notarsamte und dessen erklecklichen Nebeneinkünften erschwerte. Die letzte stammt vom ersten Januar 1987 und damit vom Senator Kahrs.

Im einzelnen schreibt die Verfügung vor: Notar darf nur ein Anwalt werden, der bereits zehn Jahre Berufserfahrung hat. Die letzten drei Jahre muß er dort gearbeitet haben, wo er sich auch als Notar niederlassen will. Außerdem muß er seine „fachliche Eignung“ nachweisen, „in der Regel durch die Teilnahme an dem vom Deutschen Anwaltsverein (...) veranstalteten Grundkurs“, so die Verfügung des Wolfgang Kahrs als Justizsenator.

Als Anwalt jedoch wurde Wolfgang Kahrs zum Notar bestellt, obwohl er nur eine der drei Bedingungen erfüllt, nämlich die erste. Aber: Als Anwalt am Sedansplatz tätig ist er erst seit Januar dieses Jahres , und auch die Grundkurse des Anwaltsvereins hat er nicht besucht. Das war auch der Grund für die Notarskammer, der Ernennung des prominenten Bewerbers zu widersprechen. Vergebens. Kahrs‘ Nachfolger Kröning ernannte trotzdem. Denn die Notarskammer darf bei den senatorischen Entscheidungen zwar mitreden, aber nicht mitentscheiden. Der Präsident des Hanseatischen Oberlandesgerichts, Professor Dr.Helmut Heinrichs, sprang Kröning zur Seite: Als frühere Aufsichtsbehörde der Bremer Notare habe Kahrs Sachkunde und Erfahrung genug, beschied er die erzürnten Notare. Nicht dem Wortlaut, aber dem Sinn nach habe Anwalt Kahrs die Anforderungen aus der Verfügung des Justizsenators Kahrs erfüllt.

Rosi Roland