Schwarze Listen gegen Linke

Rechte Organisation „Economic League“ führt in England schwarze Listen über angebliche Unruhestifter / Einsatz bei Bewerbungen / 20.000 Namen auf „Subversiven-Liste“  ■  Aus London Rolf Paasch

Daß die rechtsgerichtete Organisation „Economic League“ in Großbritannien eine schwarze Liste über angebliche Unruhestifter führt, war den betroffenen Arbeitnehmern schon längst klar und zumindest Teilen der Öffentlichkeit bekannt. Doch erst nach der Weitergabe von geheimen Akten der Organisation und Teilen dieser schwarzen Arbeitnehmerliste an die britische Wochenzeitung 'Observer‘ ist der Umfang des „Subversiven„-Registers bekanntgeworden. Wer auf seine Bewerbung hin in der Vergangenheit so manche unerklärliche Ablehnung erhalten hat, weiß jetzt warum.

Wie der 'Observer‘ am Sonntag berichtete, umfaßt die von der „Economic League“ zusammengestellte Liste rund 20.000 Namen von Bürgern, die im Verlauf der letzten 40 Jahre irgendwo und irgendwie einmal mit linken politischen Aktivitäten in Zusammenhang gebracht worden sind. Labour -Abgeordnete, Anarchisten, Betriebsräte und Mitglieder der Kommunistischen Partei stecken da einträchtig im Archiv der rechten Radikalenabwehr auf dem Arbeitsmarkt.

Die Subversiven-Jäger der 1919 als Abwehr-Organisation gegen den Bolschewismus gegründeten „Economic League“ stellen ihr Informationsmaterial recht amateurhaft aus Zeitungsausschnitten rechter und linker Blätter über Arbeitskämpfe und industrielle Beziehungen zusammen. Aufgrund der zweifelhaften Informationen hat es in der Organisation selbst Auseinandersetzungen über die Weiterführung des Registers gegeben. Nach außen hin wurde dessen Existenz immer wieder bestritten. Ein ehemaliger Angestellter der „Economic League“ hat mittlerweile zugegeben, daß die Informationen über suspekte Arbeitnehmer oft „mehr Fiktion als Fakten“ sind. Trotz dieser Kritik liest sich die ebenfalls an die Öffentlichkeit gedrungene Subskribenten-Liste der „Economic League“ wie der Who's Who der britischen Bauindustrie und des Bankenwesens. 20 Prozent der Einnahmen der Organisation, die neben ihrem zweifelhaften Arbeitsmarkt-Service noch Propaganda-Vorträge organisiert, kommen von Firmen aus dem Londoner Börsenviertel. Trotz des Wirbels um die 'Observer' -Veröffentlichung gibt sich ein interner Rundbrief über die Zukunft der „Economic League“ optimistisch. „Der Extremismus“, so lautet das hoffungsvolle Fazit, „wird nie aussterben.“