Vogel vor Rücktritt?

■ Die Opfer von Ramstein sind ein willkommener Anlaß

Die Trauerfeier von Ramstein „kann die notwendige Selbstprüfung und die notwendige Rechenschaft derer, die die Verantwortung tragen, nicht ersetzen“, sagte der Ministerpräsident von Rheinland-Pfalz, Bernhard Vogel. Eine unverhohlene Andeutung, daß der Rücktritt des Ministerpräsidenten unmittelbar bevorsteht? Die politische Verantwortung für eine Katastrophe zu übernehmen - für einen Politiker gibt es keine bessere Gelegenheit, zumal wenn er sich schon länger mit Rücktrittsgedanken trägt.

Erinnern wir uns: Vor knapp eineinhalb Jahren mußte Vogel die empfindlichste Wahlschlappe für die Pfälzer CDU einstecken, nach Jahren ging in Mainz die Alleinherrschaft baden. Die Amtszeit zuvor war von Skandalen geprägt, Parteispenden, Stichwort Steueroase Rheinland-Pfalz, oder Glykol im Wein, um nur zwei zu nennen. Intern war der Ministerpräsident in der letzten Zeit so unter Beschuß geraten, daß der CDU-Abgeordnete aus Trier und Vorsitzende des Bauern- und Winzerverbandes Rheinland-Nassau, Günther Schartz, öffentlich Vogels Rücktritt forderte.

Tote, Betroffenheit, Rücktritt. Eine Folge, die in jeder Hinsicht anstandslos akzeptiert wird. Sie erscheint auch noch honorig, wenn der politische Gegner an den Sesseln klebt wie nach dem Geisel-Drama von Gladbeck. Noch leichter fällt ein Rücktritt, wenn man für die neue Aufgabe Vorsitzender der Konrad-Adenauer-Stiftung - bereits ausersehen ist und damit auch noch seinem alten Freund, dem Kanzler, einen Dienst erweist. Kohl könnte endlich den ihm unlieb gewordenen Generalsekretär Geißler nach Mainz abschieben. Wofür Katastrohentote alles gut sind.

Wolfgang Zügel