Italien ruft Giftmüllschiffe

Schiffe müssen italienische Marinehäfen anlaufen / Müllverbrennungsanlagen sollen flugs her  ■  Aus Rom Werner Raith

Es geht wieder mal großzügig zu in Italiens Kabinett: „Natürlich“, sagt Industrieminister Battaglia, werde man die aus Italien fortgeschipperten, dann wieder zurückgerufenen, danach nicht hereingelassenen, nach England, Frankreich, Holland dirigierten und nun noch immer auf der „Karin B.“ vertäuten Fässer „hier in unserem Lande aufnehmen und einer entsprechenden Behandlung zuführen“. Wie „entsprechend“ diese „Behandlung“ ist, weiß er auch noch nicht so recht ist doch der genaue Fässerinhalt nicht bekannt, und vor allem noch nirgendwo eine Firma zu sehen, die die Fracht anzunehmen bereit ist. Zwar hat das Kabinett eilig einen nationalen Giftrückständevernichtungsplan verabschiedet, wonach innerhalb von vier Monaten alle Provinzen (das heißt 95), zumindest aber alle Regionen (schon weniger - 15) eine eigene Giftmüllbearbeitungsanlage oder (noch eine Minderung) „jeden Fortsetzung auf Seite 2

falls eine sichere Zwischenlagerungsstelle“ bekommen soll. Doch darüber lachen selbst die betriebsblindesten Industriekapitäne - zum Bau einer solchen Einrichtung braucht es schon in Ländern mit ausgebauter Technologie Jahre, während es in Italien noch nicht eine einzige solche Anlage gibt. Das Problem verschärft sich noch durch die Weigerung nahezu aller Regionen, Schiffe mit Giftfracht italienischer oder anderer Provenienz - überhaupt andocken zu lassen.

Allerdings ist inzwischen bei einer Reihe von Umweltschützern eine Denk-Wende eingekehrt: Sie sind nicht mehr bereit, die lokalen Administratoren in ihrem kategorischen Ohnemichel-Standpunkt zu decken: „Jahrelang haben sie das Problem gegen unsere beständige Denunziation verdrängt“, schimpft Anna Donati von der Grünen-Fraktion, „und jetzt sollen die Ambientalisten als Stoßtrupp die Fässer fernhalten, die aus unserem eigenen Land stammen.“

Die Regierung, in Nöten, wo man die Fässer wenigstens mal an Land bringen könnte, hat inzwischen einen Notstandsplan entworfen - um Zwischenfälle zu vermeiden, sollen die Giftschiffe (mindestens ein Dutzend) zunächst in Militärhäfen, etwa nach La Spezia, gelotst werden - dort gibt es Bannmeilen für lästige Demonstranten und genügend Sperrfregatten zum „Schutz“ der gefährlichen Fracht.