Hörr Kresnik kömmt

■ Gestern zeigte Intendant Richter der versammelten Presse einen Original Kresnik nach Vertragsunterschrift / Das Noch-Tanztheater-Ensemble zeigt „Die verflixte dritte Spielzeit“

Diesmal liegen sie zwischen orangefarbenem Bauschutt-LKW und Theatereingang, daß man drüber staksen muß, wenn man in die Juchhuu-Johann-Kresnik-ist-da-Pressekonferenz des Bremer Theaters will. Wieder in Schwarz, mit Namensschildchen dran. Ein Ensemble am Boden.

„Ja“, sagt Herr Intendant Tobias Richter zum nächsten PR -Spaß seines Tanztheaters, „der Zugang ist nicht immer ganz einfach hier.“ Dann sagt er zum alten Ensemble nichts mehr. Der Neue ist da. Johann Kresnik, geboren 1939 in Kärnten, Bergbauernsohn, Werkzeugmacher, Tänzer und Choreograph, sitzt wohlgebräunt und scheinwerferhell zur Rechten des Herrn Richter und kehrt nun definitiv zurück ins Bremer Tanztheater (unter Intendant Peter Stolzenberg war Kresnik bereits '68 -'78 Ballettmeister und Chefchoreograph in Bremen). Gestern hat er einen Zwei-Jahres-Vertrag unterzeichnet, der ihn verpflichtet, in den Spielzeiten 89/90 und 90/91 seinem Ensemble künstlerisch wertvoll die Flötentöne beizubringen. Bei Kresnik darf man da ruhig ins falsche Wortfeld greifen. Er ist, wie sein zukünftiger Intendant, für „spartenübergreifendes Theater“.

Zwar hatte der stimmungsvoll österreichelnde Herr Tanztheaterstar auch Angebote der Deutschen Oper Berlin und der Bayri

schen Staatsoper (Theater mit 70 Tänzern), aber: „Das muß ein Neumann führen. Das kann ich nicht.“ In Bremen hat er übersichtlich 20 Ensemblemitglieder. Mit den alten Bremer Ensemble-Mitgliedern will sich Kresnik zwecks Übernahme durchaus auseinandersetzen. „Ich weiß nur bis heute nicht, ob jemand mit mir zusammen arbeiten will.“

„Wir haben als Truppe beschlossen, erstmal zusammenzubleiben und uns als Ensemble nach etwas anderem umzusehen“, heißt es dazu auf der ganz eigenen Pressekonferenz des Tanztheaters im Anschluß an die offizielle. „Das ist zunächst mal eine künstlerische Entscheidung. Da kann man Personen nicht einfach austauschen.“ Darüber hinaus, so Rotraut de Neve, sei Kresniks Angebot zur Zusammenarbeit einem Tänzer durch den Betriebsdirektor des Theaters bei einem privaten Telefonanruf übermittelt worden mit der Bitte, „hinter unserem Rücken“ die Bereitschaft der Tänzer zum Ensemble -Wechsel zu erkunden. „In diesem Haus gibt es große Kommunikationsprobleme“, so Heidrun Vielhauer. Zur letzten Pressekonferenz etwa sei Material des Bremer Tanztheaters ohne vorherige Absprache aus der Pressemappe entfernt worden. Herr Spartenübergriff-Intendant Richter spricht zur Zeit wohl nicht mit seiner Sparte Tanztheater.

„In der augenblicklichen Situation sehen wir nicht nur unsere Arbeit für die nächste Spielzeit gefährdet. Sie ist es schon jetzt“, so de Neve. Da fehle es beispielsweise noch immer an der längst versprochenen Ausstattungs-Assistentin, es werden Verträge mit neuen Tänzern verzögert und zeitlich unrechtmäßig begrenzt, man bekommt zu wenig Bühnenproben und und und. „Wir können uns eine weitere Zukunft unter dieser Intendanz nicht mehr vorstellen“, sagt de Neve da endlich, „wir brauchen aber Richters Unterstützung für diese Spielzeit. Die 89er Produktion (Premiere am 19.2., Arbeitstitel „Rituale“) ist unsere einzige Chance.“

Derweil interessieren sich die Pressemenschen schon mehr für das Programm des Neuen. Der bietet demnächst in diesem Haus „Aktualität der Themen“ und „bilderhaftes Tanztheater“, so Kresnik über Kresnik. Das neue Theater-Aushängeschild bringt aus Heidelberg erstmal alle „erfolgreichen“ Stücke mit: Sylvia Plath, Mörder Woyzeck, Macbeth und Familiendialog.

Zum Vielhauer-de-Neve-Abschied sagt Kresnik abschließend richtig und lapidar: „Wenn ich nicht komme, wird bestimmt jemand anders kommen. Ich bin ein Theaterarbeiter. Wenn es für mich eine Möglichkeit gibt, in Bremen zu arbeiten, dann komme ich.“ Er kömmt.

pH