Hessen will US-Air-Base kaufen

Hessens Innenminister bestätigt Verhandlungen mit der US-Army / Rhein-Main-Flughafen soll erweitert werden / Wiesbaden-Erbenheim als Ersatz?  ■  Von Klaus-Peter Klingelschmitt

Frankfurt (taz) - Die seit Tagen in der hessischen Landeshauptstadt Wiesbaden kursierenden Gerüchte, wonach das Land Hessen am Kauf des Air-Base-Geländes am Frankfurter Rhein-Main-Flughafen interessiert ist, haben sich gestern verdichtet. Wie aus dem Innenministerium zu erfahren war, sind bereits Verhandlungen über die Zukunft der Air-Base mit dem Ziel aufgenommen worden, den militärischen Teil des Rhein-Main-Flughafens für eine zivile Nutzung zu erschließen. Am Verhandlungstisch hätten Vertreter der US -Army, der hessischen Landesregierung, der Lufthansa und der Frankfurter Flughafen AG (FAG), deren Anteilseigner das Land Hessen, der Bund und die Stadt Frankfurt sind, Platz genommen.

Während sich Hessens Innenminister Gottfried Milde (CDU) in einem Gespräch mit dem 'Gießener Anzeiger‘ auch öffentlich für die Übernahme der Air-Base durch das Land Hessen ausgesprochen hat, blockt sein Ministerpräsident Walter Wallmann (CDU) ab: Die Staatskanzlei dementierte die Stellungnahme des Innenministers postwendend. Gegenüber der taz erklärte der Sprecher der Landesregierung, Ernst Martin, das Minister Milde von den Redakteueren des 'Gießener Anzeigers‘ wohl „falsch verstanden“ worden sein müsse. Das wiederum veranlaßte die Grünen im hessischen Landtag, von einem „Kabinett der Hofkonditoren“ zu sprechen, in dem jeder seinen eigenen Teig anrühre. Bernd Messinger (Grüne): „Die Preisfrage der Woche lautet: Wer dementiert wen und warum?“ Die Grünen wollen am Donnerstag auf der Innenausschußsitzung des Landtages „volle Aufklärung durch die Landesregierung“ verlangen. Und der SPD-Fraktionsvorsitzende Weltecke baute bereits den noch auf der Vermutungsebene befindlichen „Absichten“ der christliberalen Landesregierung vor: „Ein Kompensationsgeschäft ist mit der SPD nicht zu machen.“

Das „Kompensationsgeschäft“, das könnte ein Kuhhandel zwischen Landesregierung und US-Army werden, der dem im Ausbau befindlichen Militärflugplatz in Wiesbaden-Erbenheim eine zweite Ausbauphase bescheren würde. Eine Verlegung der auf der Rhein-Main-Air-Base stationierten Kampf- und Transportmaschinen nach Erbenheim und nach Ramstein würde die Air-Base zum Ausbaufeld für den zivilen Rhein-Main -Flughafen werden lassen, dessen Betreiber seit Monaten nach Expansion schreien. Innenminister Milde, der sich wohl für den Geschmack Wallmanns zu weit aus dem Fenster gelehnt hat, sprach denn auch davon, daß das Air-Base-Gelände zum Bau einer neuen Start- und Landebahn genutzt werden könnte, die der Flughafen dringend brauche.

Auch der hessische Wirtschaftsminister Alfred Schmid (FDP), der noch vor Wochenfrist den Flughafenausbau-Wünschen der Frankfurter Industrie- und Handelskammer eine klare Absage erteilt hatte, bestätigte gestern, daß es bereits „Gespräche mit den Amerikanern“ gebe, die zum Ziel hätten, etwa 20 Prozent der Air-Base für den zivilen Luftverkehr nutzen zu können. Über die gesamte Air-Base würde die US-Army dagegen nicht verhandeln, denn der Stützpunkt in Frankfurt sei „für die Gesamtlogik der US-Armee in der Bundesrepublik unverzichtbar“. Schmid widersprach seinem Kabinettskollegen Milde allerdings in einem entscheidenden Punkt: „Zur Erweiterung des Start- und Landebahnsystems kann das Air -Base-Gelände nicht genutzt werden.“ Trotz der Erklärungen von Milde und Schmid blieb Regierungssprecher Martin am Nachmittag bei seinem Dementi. Immerhin räumte die Landesregierung schließlich ein, daß „Gespräche mit allen Beteiligten“ geführt würden - „allerdings nur auf der Ebene der Planspiele“.