Mehr Steuern für alle

Eva Goes, Sprecherin der schwedischen Grünen: „Waghalsig, sich auf die Großen zu verlassen, die mit ihrem Kapital fliehen.“  ■ I N T E R V I E W

taz: Keiner der schwedischen Parteivorsitzenden liebt die Grünen. Ministerpräsident Ingvar Carlsson ging sogar so weit, zu sagen: „Wer grün wählt, riskiert Neuwahlen.“ Was ist los, sägt die Umweltzerstörung am Stuhl der Demokratie?

Eva Goels: Ach was. Das sind doch alles Desperados. Die versuchen doch nur, durch solche übertriebenen Reaktionen ihre Macht zu behalten. Die versuchen doch nur, das Ausmaß der Umweltzerstörung zu vertuschen.

Den Grünen wird unter anderem vorgeworfen, man wüßte nicht so recht, wo man dran sei mit ihnen. Welche der etablierten Parteien sie beispielsweise unterstützen werden, welchen Ministerpräsidenten-Kandidaten sie mitwählen. Wie sollen Politik und Strategie der Grünen aussehen, wenn sie in den Reichstag ziehen?

Erstmal wollen wir diese starren Blockbildungen aufbrechen. Und unser Abstimmungsverhalten wird sich an reinen Sachfragen orientieren. Uns geht es um Gerechtigkeit. Und dazu werden wir alle Möglichkeiten nutzen. Wir wollen Umweltzerstörung stoppen, wir wollen eine andere Steuergesetzgebung, wir wollen mehr staatliche Versorgung für Kinder und Alte. Insofern kann es natürlich wechselndes Abstimmungsverhalten geben.

Aber woher nehmen, wenn nicht...? Also: Wie wollen sie ihre Programmatik finanziell unter einen Hut bringen. Sechs -Stunden-Tag, Erziehungsurlaub, bezahlte Erziehung zu Hause, 40 Milliarden für die Bahn, um nur einige Punkte zu benennen.

Von vielen Möglichkeiten, die sich da schon allein durch eine andere Steuerpolitik anbieten, nur eine: Seit Jahren haben wir in Schweden falsche, das heißt zu billige Energiepreise. Deshalb fordern wir höhere Steuern auf Energie, auf Öl, auch auf Benzin.

Heißt das, daß alle zahlen sollen, die sich der Wirtschaft steuerpolitisch nicht besonders annehmen?

Alle sollen zahlen. Im übrigen sieht unsere Wirtschaftspolititk so aus, daß wir kleine Unternehmen stimulieren wollen, zu investieren. Es ist doch einfach waghalsig, sich nur auf die Großen zu verlassen, die dann irgendwann mit ihrem Kapital ins Ausland abhauen.

Seit wann gibt es die schwedischen Grünen und wieviele Mitglieder hat die Partei?

Uns gibt es seit 1981, bei den Reichstagswahlen schafften wir nicht den Sprung in den Reichstag. Unsere Mitgliederzahlen liegen bei rund 10.000. Kommen wir in den Reichstag, können wir mit 15 Sitzen rechnen.

Wieviel von den 15 werden Frauen sein?

Wir haben einen klaren Quotierungsbeschluß. 40 Prozent und keinen Millimeter darunter.

Wie sehen sich die schwedischen Grünen selbst. Konservativ, unentschlossen, ohne wirtschaftspolitische Kompetenz, wie einige meinen? „Zukunftspessimisten“, wie andere behaupten?

Keine Frage. Wir schwedischen Grünen sind eine radikale Partei. In jeder Beziehung.

Interview: Gisela Petersson