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Die Ordnung des weißen Mannes

■ In Venedig stellte der afrikanische Regisseur Ousmane Sembene seinen neuen Film vor

Ousmane Sembene ist einer der bekanntesten Schriftsteller Afrikas. Seit langem arbeitet er auch als Regisseur. 1968 war er schon einmal in Venedig. Damals erhielt er den Sonderpreis der Kritik. „War der wichtig für Sie?“ Sembene: „Um die Wahrheit zu sagen: bekommen habe ich ihn bis heute nicht. Wir sind arm, ich konnte nicht die ganze Zeit in Venedig bleiben, ich erfuhr aus der Zeitung von meinem Preis. Das war dann aber auch schon alles. Angekommen ist er bis heute nicht.“ Soviel zum Thema italienische Post, meint einer der Anwesenden.

Dieses Jahr ist Sembene mit „Camp de Thiavoye“ in Venedig. Der 1923 geborene Sembene hat den Film zusammen mit dem 1941 geborenen Thiernofaty Sow gedreht. „Camp de Thiavoye“, ein Lager unweit von Gibraltar. Hier wurde im Herbst 1944 eine Einheit französischer Kolonialtruppen untergebracht. Von hier aus sollten sie in ihre Dörfer zurückgebracht werden. Die schwarzen Soldaten hatten gegen die Truppen Hitlers und Mussolinis gekämpft. In Afrika und in Europa. Ein Kampf gegen Rassismus und Unterdrückung, hatte man ihnen gesagt. Also war es auch ihr Kampf gewesen.

Sie hatten neben weißen Soldaten gegen weiße Soldaten gekämpft, sie waren mit weißen Soldaten in Gefangenschaft gekommenm, in Konzentrationslager. Als Paris befreit wurde, waren sie dabei. Sie hatten die Erfahrung der Gleichheit und der Gleichbehandlung gemacht.

Im „Camp de Thiavoye“ will das befreite Frankreich wieder große Kolonialmacht spielen. Die Schwarzen sollen für ihr Geld nur die Hälfte des Kurses der Landeswährung bekommmen. Die weißen Soldaten werden dagegen korrekt bezahlt. Die Schwarzen protestieren. Ihr Protest wird abgelehnt. Sie hätten nichts zu sagen. Sie sind Soldaten und haben zu gehorchen.

Jetzt zeigen die kampfgewohnten Infanteristen, was sie gelernt haben. Sie kidnappen einen General und zwingen ihn, öffentlich zu erklären, daß sie erhalten werden, was ihnen zusteht. Der General wird freigelassen. Die schwarzen Soldaten feiern bis tief in die Nacht. Am frühen Morgen kommen Panzer und schießen das ganze Lager zusammen. Auch der Antifaschismus ist eine Ordnung des weißen Mannes. Arno Widman

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