Audienz bei einer Leiche

■ Wenn FJS Autogramme gibt ...

München (taz) - Was ein echtes Homo Politicus ist, darf keine Gelegenheit zum direkten Kontakt mit dem Souverän auslassen. Das Bad in der Menge ist ja darüberhinaus auch dem Menschen Elexier, der sich uneigennützig dem Wohle der Allgemeinheit verpflichtet. Franz Josef Strauß ist so ein Mensch.

Doch die Tegernseer Feuerwehr hat sich über das Auftreten ihres obersten Dienstherrn beschwert. Wie denn, was denn? Ausgerechnet die Feuerwehr beklagt sich über den Landesvater, weil er am Wegesrand der B 304 auf dem Nachhauseweg nach Kreuth Station machte und ein paar Autogramme verteilte (an die muntere Schar aus einem Bus aus Dingolfing im übrigen)?

Die Feuerwehr störte sich an der Tatsache, daß bei der Audienz des Bayerischen Ministerpräsidenten am Straßenrand eine Leiche umherlag. Kurz zuvor nämlich verunglückte ein junger Motorradfahrer tödlich, was auch die Anwesenheit des Dingolfinger Ausflugsbus erklären kann. „Die ham mit Herrn Strauß eine Gaudi gehabt, während die Leiche noch dalag. Es war brutal“, meinte ein Augenzeuge. „Achtlos“ sei er „an der Leiche vorbeigegangen.“ Der Ministerpräsident sieht sich jetzt unflätigen Anwürfen ausgesetzt. Nur gut, daß es den Staatskanzleichef Stoiber gibt, der sogleich richtigstellte: „Strauß hat ein stilles Gebet verrichtet und ist erschüttert von der Stelle weggegangen.“ Strauß habe Aufruhr am Unfallort vermieden, indem er sofort zum Stift griff, um seine Untertanen nicht zu verärgern.

lui