: Schiwy unter Redakteursdruck
NDR-Redakteursausschuß fordert Konsequenzen aus der Herausgabe des von Rath-Interviews an hannoversche Staatskanzlei / SPD verlangt Amtsenthebung der Verantwortlichen im Funkhaus ■ Aus Hannover Jürgen Voges
Die Redakteure des NDR haben jetzt gegen die Herausgabe des Interviews mit Lazlo von Rath an die hannoversche Staatskanzlei protestiert.
Als „einen Verstoß gegen den Informantenschutz“ und „ein Fehlverhalten, dem angemessene Konsequenzen folgen müssen“, bezeichnet der Redakteursausschuß des NDR die Tatsache, daß aus dem Landfunkhaus Niedersachsen das nie gesendete Fernsehinterview weitergegeben worden ist. In einen „Offenen Brief“ kritisiert der für die Innere Rundfunkfreiheit zuständige Redakteursausschuß auch den Intendanten, der in den nunmehr zwei Monate zurückliegenden Vorgang keinen Verstoß gegen die Journalistische Sorgfaltspflicht gesehen hatte. Dieser Beurteilungen des Intendanten Peter Schiwy hatte sich am vergangenen Freitag mit knapper Mehrheit auch der NDR-Rundfunkrat angeschlossen, wobei unter anderen das Stimmverhalten desRundfunkratmitglieds und niedersächsischen Innenstaatssekretärs Dieter Haaßengier mitausschlaggebend war.
Die jetzt vom NDR-Redaktuersauschuß kritisierte Weitergabe des unredigierten und nie gesendete Interviews geht auf Ernst Albrechts Nöte zu Beginn der Spielbankaffäre zurück. Um Material für eine Klage gegen von Rath zu bekommen, hatte Ernst Albrecht bereits am 20. Juni vom Niedersächsischen Privatradio FFN per Rechtsanwalt die Herausgabe allen Materials verlangt, das der Sender über von Rath besaß oder von diesem erhalten hatte. Radio FFN weigerte sich jedoch, ungesendetes Material an den Ministerpräsidenten weiterzugeben. In dieser Situation half dann der NDR aus. Von einem Interview, das der USA-Korrespondent Herrmann Finke mit von Rath geführt hatte, erhielt die Staatskanzlei in der letzten Juniwoche zuerst vom Stellvertretenden Funkhausdirektor Peter Wien (SPD) die zur Austrahlung vorgesehen Auschnitte. Einige Tage später gaben der Chef des Landesfunkhauses Bernd Stehling (CDU) der Chef vom Dienst des hannoverschen NDR-Fernsehens, Jörg Hoffmeister, der Staatskanzlei sogar die ungekürzte Fassung des Interviews, die nie zur Sendung vorgesehen war. Nur, die Korrekturen, die von Rath bei der Autorisierung des Interviews noch nachlieferte, enthielt diese unautorisierte Langfassung nicht. Am ersten Juni teilte Albrecht dann mit, daß er Strafantrag gegen von Rath gestellt habe. Am gleichen Abend hatte der Ministerpräsident im Landesfunkhaus des NDR einen Fernsehauftritt. Das Von-Rath-Interview, das für die gleiche Sendung vorgesehen war, entfiel allerdings, weil es angeblich „nicht mehr aktuell“ war.
Der Niedersächsische SPD-Fraktionsvorsitzende Gehard Schröder hat am Dienstagabend verlangt, die drei in den Vorgang involvierten hannoverschen Funkhaus-Chefs von ihren Posten zu entheben. Steling, Wien und Hoffmeister, „die drei müssen weg“, sagte der SPD-Politiker.
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