CDU will die schnelle Schießerei

■ Landtagsdebatte um Geiselaffäre in NRW: Opposition fordert Schnoors Rücktritt / Verschärfung des Polizeirechts und „finalen Rettungschuß“ gefordert / Bremer Bürgerschaft setzt Untersuchungsausschuß ein

Düsseldorf/Bremen (taz) - Die Düsseldorfer Oppositionsparteien haben am Mittwoch erneut das innenpolitische Klima in NRW für den tödlichen Ausgang des Geiseldramas verantwortlich gemacht. Für den CDU -Oppositionsführer Bernhard Worms ist dieses Klima „durch ein unangebrachtes Zurückweichen vor Rechtsbrechern und durch ständige Verniedlichung von Rechtsbrüchen“ gekennzeichnet. Als Beispiele nannte Worms die Düsseldorfer Kiefernstraße und die „Krefelder Krawalle“ ebenso wie die Brückenbesetzungen in Rheinhausen. Ein frühes polizeiliches Eingreifen bei der Geiselaffäre sei durch die von Schnoor zu verantwortende Linie, durch die zu hohe Einsatzschwelle verhindert worden.

Ministerpräsident Johannes Rau verteidigte in der mehrstündigen Landtagsdebatte demgegenüber die Einsatzlinie. Man dürfe nicht „wegen eines Mißerfolges Prinzipien aufgeben“. In NRW werde es bei der „liberalen“ Innen- und Rechtspolitik bleiben. Während die Oppositionsparteien erneut den Rücktritt von Innenminister Herbert Schnoor forderten - FDP-Fraktionschef Achim Rohde bezeichnete Schnoor gar als ein „untragbares Sicherheitsrisiko für NRW“

-, sagte Rau, der Innenminister habe sein „Vertrauen“ und seine „Unterstützung“. Innenminister Herbert Schnoor begründete das polizeiliche Vorgehen u.a. mit den Erfahrungen bei früheren Geiselnahmen und sagte, daß die spätere Entwicklung der Affäre zu Beginn „außerhalb jeglicher Vorstellungskraft“ gelegen habe. Bis Bremen -Vegesack habe man davon ausgehen müssen, „daß diese Geiselnahme bei kluger Zurückhaltung der Polizei unblutig endet“. Die Freilassung habe nach Einschätzung der Polizei unmittelbar bevorgestanden. Zu der entscheidenen Frage, wie es zu dem Meinungswandel bei den Gangstern kommen konnte, schwieg Schnoor sich aus. Mit keinem Wort ging der Minister auf Vorwürfe und Indizien ein, die nahelegen, daß das polizeiliche Verhalten selbst für die nicht erfolgte Freilassung verantwortlich war.

Die FDP forderte in einem Antrag den Landtag auf, eine Kommission einzusetzen, die Vorschläge für den Polizeieinsatz bei künftigen Geiselnahmen erarbeiten soll. Die CDU verlangte den „finalen Rettungsschuß als schwerstes Eingriffsmittel im Polizeigesetz zu verankern“.

Auch die Bremer Bürgerschaft war gestern mit der Geiselaffäre befaßt: Alle Arme gingen hoch, keine Enthaltung, keine Gegenstimme verzeichnete das Protokoll, als auf Antrag der CDU ein parlamentarischer Untersuchungsausschuß zur Geiselaffäre eingesetzt wurde. Von einem Rücktritt sah sich derweil der Bremer Innensenator Meyer weiter denn je entfernt. „Versuchen Sie nicht, Sozialdemokraten in dieser Frage auseinanderzutreiben, das werden Sie nicht schaffen“, beschwor Regierungschef Wedemeier die Einheit seiner Partei. Der Senat, so versicherte er an die Adresse der CDU gerichtet, steht zu seiner liberalen Politik, und das „mit einem Innensenator Bernd Meyer“. Den „Finalen Todesschuß“ fordern allerdings in Bremen nur einzelne CDU-Mitglieder, der Fraktionsvorsitzende Metz klammerte das Thema aus.

Walter Jakobs/Klaus Wolschner