Nachmann-Affäre: Galinski unter Druck

■ Opposition in der Jüdischen Gemeinde kritisiert Galinski, er habe die jüdische Öffentlichkeit zu lange im dunkeln gelassen

Kritik am Umgang mit der Nachmann-Affäre mußte sich während der Repräsentanten-Versammlung der Jüdischen Gemeinde deren Vorsitzender, Heinz Galinski, gefallen lassen. Die in dem 21köpfigen Gremium aus drei Männern bestehende oppositionelle „Demokratische Liste“ forderte einen Zwischenbericht über die Machenschaften des verstorbenen Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland.

Galinski, der bis zu dem in sechs bis acht Wochen zu erwartenden Abschlußbericht keine Aussagen machen will, würde damit die unter Juden mehr als drängende Diskussion blockieren. Es gehe nicht an, die Fakten so lange unter Verschluß zu halten. Ron Zuriel wies darauf hin, daß „in der Öffentlichkeit schon sehr viele Zahlen und Namen herumschwirren“. Die Juden in Deutschland sollten „nicht die ganze Zeit im dunkeln“ gelassen werden.

Warum hat Galinski so lange geschwiegen?

Einer der Repräsentanten sagte, daß es Galinski zwar zu danken sei, Nachmanns Machenschaften in die Diskussion gebracht zu haben. Andererseits hätte Galinski intern schon vier Wochen, bevor der Fall an die Presse ging, den bevorstehenden Skandal angedeutet. Warum habe Galinski so lange gewartet? Erst als „bestimmte Hinweise auf die Affäre in einem Artikel des 'Sonntagsblatts‘ auftauchten, sei Galinski vor die Presse getreten.

Auch zeigte sich die „Demokratische Liste“ von den bisherigen politischen Konsequenzen enttäuscht. Galinski hätte mehr Druck zwecks Rücktritt des Direktoriums des Zentralrats ausüben sollen. Personen wie der Oberrat der Israeliten in Baden, gegen den Ermittlungen laufen, seien dort weiterhin vertreten.

Galinski, dem die Diskussion offensichtlich sehr nahe ging, entgegnete aufgebracht, daß er aus Satzungsgründen nicht befugt gewesen sei, mehr zu tun. Er habe nicht die Macht, Vertreter im Direktorium einfach zu entlassen.

Die Kritik der „Demokratischen Liste“ entsprach im wesentlichen der eines Ende August in der Presse erschienenen offenen Briefes der sogenannten „Jüdischen Gruppe“, in dem sie im Gegensatz zu den drei Repräsentanten der „Demokratischen Liste“ den Rücktritt Galinskis gefordert hatte. Ihr Vorwurf: Galinski habe keine „innerjüdische Diskussion“ ermöglicht. Bestes Indiz dafür sei, daß der offene Brief nicht in der 'Allgemeinen Jüdischen Wochenzeitung‘ veröffentlicht werden durfte. Die Zeitung ist das Zentralorgan des Zentralrates der Juden in Deutschland, deren Vorsitzender wiederum Galinski ist. Eine Stellungnahme von Galinski dazu war gestern nicht zu erhalten.

E.K.