Hochsicherheitsgefängnis

■ Es gibt Institutionen, die gehören in die Luft gesprengt

Am Montag morgen um 5 Uhr nahm eine Polizeistreife einen jungen Mann fest, der auf die Kinoplakate am Lido handtellergroße Aufkleber anpappte, die auf einen Film „Ghosts„ aufmerksam machten. Blaß und blond stand er kurz darauf in der Wache und behauptete, ein australischer Regisseur zu sein, ein Gast des Festivals. Die Beamten telefonierten, fuhren ins Excelsior, das Luxushotel, in dem viele Gäste untergebracht sind. Der Portier dort führte sie ins Zimmer von John Hillcoat, der tatsächlich ein australischer Regisseur, Jahrgang 1961, ist. Die Staatsgewalt beschlagnahmte erst einmal Hillcoats Plakate, seine Leimeimer und ein paar Unterlagen. Inzwischen ist sein Film gezeigt worden, und ich kann sagen: Es ist einer der besten, die hier zu sehen waren. „Ghosts“ schildert das Leben in einem US-amerikanischen Hochsicherheitsgefängnis. Die bunte, an 2001 erinnernde Plastikarchitektur, dazu eine Lautsprecherstimme, weiblich, die höflich und verführerisch, als verkaufte sie in einem todschicken supermarket die teuersten Parfüms, die Gefangenen bittet, ihre Zellen zu verlassen, in ihre Zellen zurückzugehen, den Wärtern Folge zu leisten. Das ist der erste Eindruck. Dann die Gitter. Die Gefangenen tragen außerhalb ihrer Zellen immer Handschellen. Die gewalttätige Hierarchie untereinander und die demonstrative Gewalt der Wärter. Die Repression eskaliert: Ständige Zellendurchsuchungen, bei denen die Wärter das Eigentum der Gefangenen - Radios, Fernseher, Bücher zerschlagen. Um das Klima bis auf den Siedepunkt zu erhitzen, setzt die Leitungen zu den politischen Gefangenen psychopathische Schläger. Logische Folge: Ein toter Wärter, ein Aufstand. Der neue Gefängnisbau, die brutalen Sicherheitsbestimmungen passieren das Parlament. Die Rechnung der Scharfmacher ist aufgegangen. Der Film macht klar: Es gibt Institutionen, durch die führt kein langer Marsch. Die gehören in die Luft gesprengt.

Arno Widmann