TSC positiv - Theaterkarten 20% teurer

■ Treuarbeit-Gutachten streng vertraulich: Bremen sollte 1,9 Millionen Mark in Karten-Computer investieren / Finanzierung des TSC-Service hat nur eine Sicherheit: Theater-Direktor Dünnwald gibt 20% von jeder Theater-Karte an seine Computer-GmbH

Wenn eine „GmbH“ mit 50.000 Mark Stammkapital einen Computer für 1,5 Millionen Mark kauft, dann hat sie sich zumindest viel vorgenommen. Wenn dann diese Anlage „in Hamburg eingelagert“ werden muß, also in Kisten verpackt bleibt, deutet das auf Probleme hin. Und wenn ein Wirtschaftsgutachten dann feststellt, die GmbH sei nicht einmal in der Lage, die Anlaufkosten von 140.000 Mark zu tragen, da „sonst eine Überschuldung gegeben ist“, dann muß es sich um ein höchst wackeliges Unterfangen handeln.

Die Rede ist von der „TSC“, der Ticket-Service-Center-GmbH, die in Zukunft per Computer den Kartenverkauf des Bremer Theaters, der Stadthalle und anderer Veranstalter abwickeln will. Und bei der TSC ist alles ganz anders, weil sie kräftige Unterstützung des Bremer Senats versprochen bekommen hat: 1,9 Millionen Mark verlorener Zuschuß sollen es sein. Diesen Zu

schuß bekommt die GmbH aber nur, wenn die Steuerprüfgesellschaft 'Treuarbeit‘ eine positive Prognose für die Ertragsaussichten bis 1992 abliefert. Das Gutachten liegt seit ein paar Tagen nun vor und ist unter dem Strich irgendwie positiv - mit Einschränkungen, Risiken und Prämissen, die jeden Investor nur abschrecken können.

Einschränkung Nummer eins: für das Geschäft mit dem Karten -Computer gibt es „in Deutschland keine Erfahrungen“. Für eine Prognose also streng genommen wenig festen Boden. Die Finanz-Decke der TSC ist gleichzeitig so knapp, daß „auch durch einen nur einmaligen deutlichen Absatzrückgang in einzelnen Jahren“ eine Lage entstehen könnte, die „nicht aufzufangen“ wäre. Ihren verlorenen Zuschuß für die laufenden Betriebsmittel sollte die Stadt, so empfehlen die Gutachter, als „Beteiligung an der TSC“ gewähren, um wenigstens die Eigenkapitalausstattung befriedi

gend zu gestalten. Daß der Zuschuß aus einem Topf für den Ausgleich von Werft-Arbeits plätzen kommen soll, problematisieren die Wirtschafts -Gutachter nicht mehr.

Deren Auftrag war auch begrenzt: Die „Planansätze“ seien „nur bedingt“ zu überprüfen gewesen, schreiben die Treuarbeit-Gutachter, auftragsgemäß wurde nur die „Plausibilität der Planzahlen“ beurteilt. Plausibel war den Gutachtern, daß Einnahmen entstehen, weil die Theater-Karten 20% teurer werden sollen. Da die Tageskasse des Theaters geschlossen werden soll, werden Theater-BesucherInnen nur noch an der Abendkasse Karten zum normalen Preis kaufen können.

„Von entscheidender Bedeutung“ für die Ertragslage der TSC, schreiben aber die Gutachter weiter, ist der Anteil an Karten, die noch teurer verkauft werden können: Per Telefon -Vorverkauf sollen 20% der Karten abgesetzt werden - und die sind um einen Bearbeitungs-und Postgebühren-Aufschlag von 5 Mark nochmal teurer.

Die andere Einnahmequelle der TSC sind die Stadthallen -Karten. Da ist das große Problem, daß die Konkurrenz „START“ ihre Verkaufsterminals in Reisebüros stehen hat, also nicht auf die 5 geplanten Vorverkaufs-Stellen des TSC angewiesen ist. Dennoch rechnet das Gutachten hier mit einem großen Anteil Telefon-Ver

kauf, und nur 8% des Kartenverkaufs wird der START -Konkurrenz zugetraut. Das ist schon deshalb unrealistisch, weil die Stadthalle ca. 50% ihrer Karten im Umland verkauft

-dort sind Reisebüros präsent. In Bremen selbst will die TSC die Konkurrenz „durch gezielte Auswahl der Außenstellen“ verhindern. Das wäre aber nur dann möglich, wenn die Stadthalle ihren Besuchern zumutet, die Karten per Telefon 5 Mark teurer zu kaufen als im Reisebüro in der Einkaufszone nebenan.

Gut-Achter

Die TSC-Prognose geht auch davon aus, daß die Konzertveranstalter KPS und Born sich „ab 1989“ dem TSC anschließen. Im Schaubild „Eintrittskarten insgesamt“ sind die beiden Veranstalter für 1989 mit der gesamten Kartenzahl, die sie 1986/7 verkauft haben, eingesetzt. Klaus -Peter Schulenberg dazu: „Mit mir hat keiner gesprochen“. KPS verhandelt gerade mit dem Konkurrenz-Unternehmen START, das sei für die Veranstalter nämlich billiger: „Ich halte TSC für überflüssig.“ Und Born? „Bei uns hat sich noch keiner gemeldet.“ Wie bei jeder anderen Vorverkaufsstelle würde Born natürlich auch über TSC seine Karten anbieten

-aber die eigenen eingefahrenen Verkaufsstellen aufgeben will er nicht. Aber solche „Planansätze“ zu überprüfen war nicht Aufgabe der Gutachter.

Bei der Beurteilung der Plausi bilität der von der TSC vorgelegten Ertragsprognosen haben die Wirtschaftsprüfer noch einen Bock gefunden: Die TSC hat nicht berücksichtigt, „daß die EDV-Anlage nur eine begrenzte technische und wirtschaftliche Lebensdauer“ hat. Da allerdings in dem Kartenverkaufs-Geschäft per Computer „keine Erfahrungen“ vorliegen, konnten die Gutachter nur bestätigen, daß aus Gewinnen am Ende der 90er Jahre ein neuer Computer angeschafft werden kann - „wenn sich die wirtschaftliche Lage des TSC wie geplant entwicklt“.

Bei der Frankfurter Konkurrenz START sieht man weder das Karten-Volumen noch die Notwendigkeit für einen Bremer Extra -Computer. Selbstverständlich könnte auch eine Bremer Vorverkaufs-Gesellschaft mit dem START-System arbeiten, ohne Risiko und ohne große Investition - aber der Kaufvertrag für den eigenen Computer ist nun einmal das einzige Geschäft, das die TSC rechtsverbindlich im Karton hat.

K.W.