Perverses Geplänkel

Porno im Parlament / „Abscheu“ als Minimalkonsens  ■ K O M M E N T A R

Zum Thema Gewaltpornographie wissen alle vier Parteien, worüber sie reden. Eine Allparteienallianz kündigt sich an, schon einmal geübt beim schmierigen Sujet Hundekot.

Noch unterscheiden die Partein sich in der Diktion. Justizsenator Rehlinger hält in seiner Jungfernrede mit Abscheu nicht hinterm Berg und macht den Ritt durch die Gewalt-Geschichte der Menschheit. Das ist so weit hergeholt, wie es sich anhört, und desorientiert die Debatte allemal. Einen anderen Trick mit dem gleichen Ergebnis führt die AL -Abgeordnete Hentschel vor. Mit brutalen Einzelheiten aus dem Gewaltporno-Repertoire kann sie nur erschüttern und jeder vernüftige Mensch nickt dazu: Weg damit. So ist von beiden Seiten die Stimmung hergestellt, die jegliche Diskussion überflüssig macht.

Bei soviel Dümpelei im Abscheulichen und Verwerflichen können nur noch moralisierende Banalitäten folgen. „Pornographische Filme sind frauen- und menschenverachtend.“ Ja.

Nicht mehr Zahlen, Fakten, Fragestellungen und Erkenntnisse sind im Parlament für die Debatte vonnöten. Der Abscheu als Minimalkonsens verstellt den Blick auf gesellschaftliche Realitäten, solcherart Auseinandersetzung kennt nur noch Verbote als Ergebnis. Die Unfähigkeit, mit dem angeblichen Dreck nicht ins Reine zu kommen, bezeugt nichts mehr als die Ferne des Parlaments von den realen Menschen, von den Bedürfnissen und der alltäglichen Gewalt, die nicht nur auf Zelluloid gebannt ist.

Elmar Kraushaar