IMMER HÖHER, IMMER SCHNELLER

■ Reise-, Sprach- und Straßenführer zu Südkorea

Sie wollen nach Südkorea, ins touristische Abseits, weit weg von Goa und Bali und Bangkok? Sie suchen Hilfe für die Reise in die unbekannte Welt (Olympier Willi Daume: „Der Asiat ist anders.“)? Dann werden Sie sich in der Buchhandlung wundern, wie viele vor Ihnen bereits dort waren und auch noch Bücher darüber geschrieben haben. Im Zeichen der Olympischen Spiele hat sich auch dieser Markt des alten Sportmottos angenommen: Immer „höher“ und „schneller“ stapeln sich die Publikationen. Verwirrung auf der Konsumentenseite!

Dann aber fühlen Sie sich von dem Titel Südkorea für Individualisten (edition aragon, 226 Seiten, 1988) tief in Ihrem Innern angezogen. Praktische Tips von „Zoll“ bis „Verkehrsmittel“, kurze Stadtbeschreibungen mit Hinweisen auf günstige Hotels und Restaurants - das ist es. Wenn Sie Glück haben, werden Sie gleich jetzt feststellen, daß vor allem der Textteil über Land und Leute recht individualistisch ausgefallen ist. Eine Kostprobe?: „Ich beeile mich, denn gleich will Kapong mit Peter hierher zum Badehaus kommen. Ich lächle ein wenig, als ich an mein privates Badezimmer zu Hause denke. Wieviel ich doch an Unterhaltung und sozialem Kontakt misse (...) Hier im Badehaus ist schon was los.“

Zur Ergänzung oder Alternative greifen Sie nach etwas Seriösem. Vom Taschenbuch der Beck'schen Reihe Korea, 171 Seiten, 1987) bis zum schön bebilderten Band Südkorea aus dem Süddeutschen Verlag findet sich einiges mit den üblichen Kapiteleinteilungen: Geschichte-Kultur-Politik-Wirtschaft -Religion. Da Sie doch überall und staubtrocken erfahren, daß der (1979 von einem anderen Drecksack) umgelegte Diktator Park ein rechter Schurke war, aber seine Landsleute durch kräftige Tritte nicht nur in den Hintern ökonomisch prächtig auf Schwung gebracht hat, reduziert sich die Wahl auf ein Gewichtsproblem. Müssen Sie Ihr Gepäck selber tragen oder nicht?

Wenn Sie mehrere Wochen mit dem Studium von Tempeln und Statuen verbringen wollen, greifen Sie natürlich zum tiefdetaillierten DuMont-Band Kunst und Kultur im Land der hohen Schönheit. Eher oberflächliche Schlenderer, die beim Sight-seeing ein bißchen an die Hand genommen werden wollen, begnügen sich dagegen mit dem handlichen Werk aus dem Hause Walter „Südkorea“ (292 Seiten, 1987). Sätze wie „Die gestiegene Mobilität verführt so manche moderne Koreanerin, es mit der Treue nicht übertrieben genau zu nehmen“, müssen Sie eben mit einer Tasse Ginseng-Tee hinunterspülen.

Es bleibt Ihre tiefe Angst vor den Verständigungsproblemen. Sie haben gehört, Englisch sei nicht allzusehr verbreitet und sichern sich doppelt ab: Die Sprachführer von aragon und Langenscheidt werden eingepackt. Später stellen Sie fest, daß die Hälfte der Flugzeit von 18 Stunden drauf geht, um sich mit Hilfe des höflichen koreanischen Nachbarn die Begriffe für „Danke“ und „Guten Tag“ einzuhämmern. Der kurze Satz: „Spricht hier jemand deutsch oder englisch“ geht in Ihren Büchern über drei Zeilen, und bis Sie ihn, natürlich mit falscher Aussprache, vorgelesen haben, ist auch der geduldigste Koreaner verschwunden. Zudem belästigt Sie aragon mit einem unnötigen redaktionellen Reiseteil und bei Langenscheidt fehlen die koreanischen Schriftzeichen. Sollten Sie beispielsweise als Mitbringsel einen Wagenheber kaufen wollen, können Sie im Laden nicht einmal mit dem Finger auf das Wort deuten.

Den Falk-Plan von Seoul (ausführliche Besprechung in der taz vom 25. Mai 1988), den man Ihnen im Buchladen anbietet, lassen Sie gleich liegen. Er hat nicht einmal eine Karte vom U-Bahn-Netz, das Touristenbüro in Seoul schickt Ihnen etwas Besseres.

P.S.: Wenn Sie sich über die politische Situation Südkoreas informieren wollen: AIB (Dritte-Welt-Zeitschrift), Tel. 06421/24672, Sonderheft Südkorea, 2,50 DM; terre des hommes, Olympiakampagne, Tel. 0541/7101134; Südostasien-Info und iz3W. Von Dischereit / Denis / Du-yul Song / Werning in rororo-aktuell „Südkorea. Kein Land für friedliche Spiele (254 Seiten, 10,80 DM, 1988)

Herr Thömmes