Fahrplan für den Grünen Aufbruch

Gruppe um Antje Vollmer und Lukas Beckmann legt Zeitplan für Urabstimmung zur Grundrichtung der Partei vor  ■  Aus Bonn Charlotte Wiedemann

Ein Fahrplan ist nun da - ob er für den „Grünen Aufbruch“ zum Kursbuch oder zum Konkursbuch wird, werden die nächsten drei Monate entscheiden. Das Anliegen der Aufbruch-Gruppe um Vollmer und Beckmann, der grünen Partei mit einer Urabstimmung über Strömungs-Manifeste zur Demokratisierung, gar zur „Kulturrevolution“ zu verhelfen, ist von vielen in der Partei zwar längst totgesagt. Dennoch legten die Aufbruch-Leute auf einem bundesweiten Beratungstreffen in Bonn am Wochenende einen Zeitplan vor, nach dem die 40.000 grünen Mitglieder nun über die „Grundrichtung“ ihrer Partei befinden sollen: Ende September werden die Kreisverbände mit einem Aufbruch-Appell aufgefodert, bis zum Parteitag am 3.Dezember zu entscheiden, ob sie eine Urabstimmung wollen. Wenn die laut Satzung vorgeschriebenen 30% der Basisgliederungen dafür sind, sollen die Mitglieder im Februar 1989 in formeller Urabstimmung über die bis dahin vorgelegten Strömungsprogramme entscheiden: „Ich will, daß das von mir unten angekreuzte Manifest die Grundlage bildet für die politische Orientierung der Grünen in den gesellschaftlichen Auseinandersetzungen der nächsten Jahre und für die Veränderung ihrer innerparteilichen Strukturen.“

Wenn es tatsächlich gelänge, auf dem Karlsruher Parteitag im Dezember die nötigen Voten von 120 Kreisverbänden für eine Urabstimmung zu präsentieren, dann - so glaubt Antje Vollmer - würden sich auch die anderen Strömungen beeilen, ein eigenes Manifest zu verfassen. Bisher liegt neben einem Aufbruch-Entwurf nur ein vorläufiges Papier einiger Realos vor, das, als „Yuppie-Manifest“ bespöttelt, schnell wieder in der Versenkung verschwand. Fundis, Ökosozialisten und die „undogmatischen Linken“ in der Partei lehnen es bisher ab, per Multiple-Choice-Verfahren die zahlreichen grünen „Karteileichen“ den programmatischen Griffel führen zu lassen.

Obwohl erste Umfragen in einigen Kreisverbänden nicht gerade einen Sog Richtung Urabstimmungs-Idee verzeichnen, gaben sich die Aufbruch-InitiatorInnen am Wochenende optimistisch - zumal sie mittlerweile auch mit Unterstützung durch die Realos rechnen. Beobachtungen von außen lassen eher das Gegenteil vermuten: In der Phase der innergrünen Apokalypse-Stimmung Ende vergangenen Jahres wurden Vollmer/Beckmann als die vermittelnde „Mitte“ gesehen. Mittlerweile haben sich die Spaltungs-Ängste gelegt; auf dem Godesberger Perspektivkongreß im Juni zeigte sich mehr Strömungsdifferenzierung als Flügelkämpfe. Diese Differenzierung wird von der Aufbruch-Gruppe nun als „Wunsch nach Demokratisierung“, sprich: Urabstimmung, interpretiert. Sollten sich hingegen nicht genug Kreisverbände für das Aufbruch-Anliegen erwärmen, hat man eine Erklärung schon parat: Das 30-Prozent-Quorum sei viel zu hoch, monierten einige am Wochenende.